«TNT – Tödlicher NachrichtenTerror» – Politthriller thematisiert fragwürdige Maßnahmen staatlicher Organe

Spätestens mit der Corona-Krise wurde einem größeren Teil der Bevölkerung klar, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und journalistische Objektiv lediglich Fassade sind – und schon immer waren. Die eigentlichen Mechanismen der Macht blieben lange verborgen, obwohl einige wenige Persönlichkeiten durchaus wertvolle Aufklärungsarbeit geleistet und so manche Geheimnisse gelüftet hatten. Größere Aufmerksamkeit wird ihnen jedoch erst jetzt zuteil. Der Autor Frank v. d. Hülst beschäftigte sich mit derart schweren Themen bereits vor einem Jahrzehnt und verarbeitete sie 2014 in dem Politthriller «TNT – Tödlicher NachrichtenTerror». Dem Titel nach geht es um die Manipulation der Berichterstattung, im Wesentlichen handelt die fiktive Geschichte aber von den Verstrickungen der Sicherheitsdienste, der Organisierten Kriminalität und Geheimlogen.

Der Terror findet in dem Politthriller nicht wirklich statt, sondern wird lediglich inszeniert. Es ist eine von vielen Maßnahmen, mit denen staatliche Organe die Bevölkerung verunsichern und das gesellschaftliche Gefüge destabilisieren, um bessere Kontrolle auszuüben. Der Fachbegriff dafür lautet «Strategie der Spannung». Dafür werden nicht zuletzt auch die Medien instrumentalisiert. In dem Politthriller von Frank v. d. Hülst sind es zwei Journalisten, die TV-Berichte so manipulieren, dass sie Angst und Hysterie erzeugen. Sie tun es als Mitglieder einer Organisation namens «Revolutionäre Zellen», hinter der eine Geheimloge steckt. Das wissen die beiden Journalisten zu Beginn der Geschichte freilich noch nicht, sondern verfolgen eigene Ziele: Sie nutzen das Projekt des Nachrichtenterrors, um herauszufinden, wer im Hintergrund die Fäden zieht.

Ursprung des Komplotts im Kalten Krieg

„Wir haben in Absprache mit unseren Finanziers eine neue Anarchozelle erfunden, und ich will einfach nur wissen, wer diese geheimnisvollen Geldgeber sind, die uns das Kapital für einen Neuanfang gegeben haben.“ So erklärt es einer der beiden seinem Freund Kotte Herzfelde, der mit seiner Familie nach und nach in den Strudel eines Komplotts hineingezogen wird, der im Kalten Krieg seinen Ursprung hat. Seine Strukturen breiten sich im Laufe des Romans krakenartig in alle Gesellschaftsbereiche aus, wobei v. d. Hülst explizite Bezüge zu den Stay-Behind-Armeen der Nato herstellt sowie zu den Rosenholz-Dateien oder zu der mittlerweile zerschlagenen italienischen Geheimloge P2, der auch Silvio Berlusconi angehörte.

Ganz dem Genre entsprechend lebt «TNT – Tödlicher NachrichTenterror» von actionreichen Sequenzen, von Verfolgung und Kidnapping, von Mord und Bedrohung. Der Autor erzählt diese Ereignisse eher filmisch, indem er sich auf die Beschreibung von Handlungselementen konzentriert. Figurierung, innere Wahrnehmungs- und Denkprozesse kommen leider ein wenig zu kurz, was es schwierig macht, sich mit den Protagonisten zu identifizieren. Was v. d. Hülst gut gelingt, ist der Spannungsaufbau. Von Episode zu Episode drängen sich immer mehr Fragen auf. Die Antworten darauf werden häppchenweise geliefert, ohne die Thrill-Kurve abzuflachen. Hier und da ist enorme Konzentration notwendig, weil v. d. Hülst die Handlung mit sehr vielen Hintergrundinformationen anreichert, die Leser adäquat einordnen müssen, um die Zusammenhänge zu verstehen.

Das Gute bedient sich des Bösen

Die Kernaussage des Thrillers, erläutert der Autor im Anhang, beläuft sich darauf, dass westliche Sicherheitsbehörden in Bezug auf Terroranschläge über ein gewisses Maß an Vorwissen verfügen. So auch in seinem Roman, der auf realen Ereignissen aufbaut, sie aber fiktional auskleidet. Auf diese Weise gelingt es v. d. Hülst, seine Leser zum Nachdenken über die Arbeit von Geheimdiensten zu bringen. Sie werden mit einem Konflikt konfrontiert, der sich aus der Arbeitsgrundlage staatlicher Organe ergibt. Sie wollen und müssen das Böse besiegen, sehen sich aber aus strategischen Gründen gezwungen, sich selber des Bösen zu bedienen.

Die Grenze der Legalität wird kurzzeitig überschritten, mit dem Ziel, Gutes zu tun. „Der Unterschied zum wirklich Bösen“, heißt eine zentrale Stelle“, liegt darin, dass wir unser böses Handeln genauestens überwachen, studieren und zeitlich sehr stark begrenzen. Unser Hauptziel ist es, das wahre Böse aus den Verstecken herauszulocken, um es entsprechend bekämpfen zu können, auch präventiv.“ Nur so könne man das wirklich Böse kontrollieren und gegebenenfalls im Keim ersticken. Deswegen sei der kontrollierte Terror notwendig. Daraus ergibt sich jedoch ein Dilemma, das v. d. Hülsts Politthriller auf der Handlungsebene thematisiert und an einer Stelle in Form einer Frage zum Ausdruck bringt: „Wer kontrolliert die Kontrolleure?“ Darüber lohnt es sich nachzudenken.

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