Kunstfreiheit und Füllermalerei: Zwei Ausstellungen in Berlin

Am kommenden Wochenende starten in Berlin gleich zwei Ausstellungen, die eine breite Öffentlichkeit verdient haben. Es geht unter anderem um Freiheit der Kunst. Die Cancel Culture schreitet bereits seit geraumer Zeit stetig voran und wird selbst in Bereichen virulent, die keinerlei tagespolitische Berührungspunkte aufweisen. Ebenso umstritten wie etwa die Gendersprache, die Corona-Impfung oder die Unterstützung der Ukraine mit Waffen ist zum Beispiel das Thema Vulva. Selbst in der Frauenwelt scheiden sich an ihr die Geister.

Das weibliche Genital findet in der Kunst durchaus ein Medium. Seine Darstellung erfreut sich zahlreicher Ausdrucksformen, erhält aber nicht immer die gewünschte Resonanz. Im Kulturbetrieb gibt es durchaus Instanzen, die sich daran stören und deshalb ebenso zur Zensur greifen wie die Digitalkonzerne bei tagespolitisch brisanten Themen. Diesen Umgang mit der Kunstfreiheit hat die Kuratorin Carola Muysers hautnah erlebt. Um ein Zeichen gegen diese Art der Cancel Culture zu setzen, hat sie nun die Ausstellung «Healing the Vulva» organisiert. Auf dem zweitätigen Event in dem Fotostudio von Tanja Fügener können die Gäste zahlreiche Gemälde, Grafiken, Radierungen und Plastiken betrachten, die sich auf je unterschiedliche Weise mit dem weiblichen Genital beschäftigen. Es werde ein breites Spektrum abgedeckt, sagt die Kuratorin: „Die Ausstellung umfasst abstrakte, figurative und ornamentale Kunstwerke, große und kleine, farbige und monochrome.“

So vielfältig die Darstellungsformen ausfallen, so umfangreich ist auch die Liste der Künstler, die ihre Werke für die Ausstellung zur Verfügung gestellt haben. Darunter finden sich Namen wie Julia Christ, Karin Dammers, Harald A. Finke, Wolfgang Etterich oder Irmgard Gottschlich. Zusätzlich zur Ausstellung ist am Abend des 1. Dezember eine Gesprächsrunde mit drei Frauen vorgesehen, die beim Thema Vulva unangenehme Erfahrungen gemacht haben. Die Autorin Juliane Beer, die Künstlerin Karin Dammers und die Bürgerrechtlerin Monika Maria Nowak werden erzählen, welche Art der Zensur sie im Kulturbetrieb und in der DDR erlebten. Die Moderation übernimmt die Musikerin und Aktivistin Nina Maleika.

Füller: Magie

Ebenfalls am 1. Dezember startet die Ausstellung von Axel Neumann. Der Berliner Künstler hatte sich im Jahr 1992 in seiner licht- und schallisolierten Wohnung für drei Wochen ein, um damals noch seine Schauspielfähigkeiten auszubauen. Der Reizentzug löste eine Flut innerer Bilder aus, die sich wie Fotografien in sein Gedächtnis einbrannten. Seitdem überträgt er sie in einem unermüdlichen Arbeitsprozess aufs Papier. Dafür hat Neumann eine spezielle Technik entwickelt: Er malt mit einem Füller, trägt mit ihm aber keine Tinte auf, sondern Acrylfarbe.

Auf diese Weise sind mittlerweile über 1.000 Werke in unterschiedlichen Formaten entstanden, die sich irgendwo zwischen abstrakter und gegenständlicher Kunst bewegen. Einige von ihnen stellt Neumann zwischen dem 30. November und 20. Januar in der Pop Up Galerie im Bernd Quinque Autohaus aus. Die Betreuung des Kunstevents übernimmt dessen Frau Patrizia. An der Vernissage werden beide die Geschichte der Füllermalerei erzählen und dabei einen Bogen von moderner Neurowissenschaft bis hin zur zeitlosen Mystik schlagen.

«Healing the Vulva», 1./2. Dezember; Studio Tanja Fügener, Laubacher Straße 36, 14197 Berlin

Axel Neumann: «Füller: Magie»; 30. November – 20. Januar 2024; Pop Up Galerie im Bernd Quinque Autohaus, Berliner Straße 29, 13127 Berlin

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