Corona-Songs mit satirischem Touch: Das Künstler-Duo «Sago» kommentiert den Zeitgeist

Viele Kulturschaffende hat es im Frühling 2020 kalt erwischt. Aufgrund der Corona-Maßnahmen waren sie von einem Tag auf den anderen genötigt, ihr Engagement einzustellen – so wie Isabel Katharina Sandi und Ralf Gottesleben. Das Paar aus Essen betreibt seit 2002 ein kleines Hinterhoftheater. In den Jahren vor Corona lief es gut für das Duo. Ihre Chansonprogramme waren sehr vielseitig und umfassten unterschiedliche Genres: Kabarett, Stand-up, Lesungen. Es wurden aber auch klassische Musikstücke gespielt oder politische Themen behandelt. Das Publikum kam auf seine Kosten und blieb nicht selten nach den Vorstellungen im Haus, um mit dem Künstler-Paar gemeinsam zu debattieren und in Austausch zu kommen.

Das «Sago», zusammengesetzt aus den ersten zwei Buchstaben ihrer Nachnamen, hatte sich zu einer Begegnungsstätte entwickelt, in der viele neue Ideen entstanden. Die Corona-Politik bereitete dem ein abruptes Ende. Seit über einem Jahr ist das Hinterhoftheater nun geschlossen. Das bedeutet aber nicht, dass die beiden aufgeben. Sie arbeiten an neuen Projekten, die den Zeitgeist widerspiegeln sollen. Eines davon sind die sogenannten Corona-Songs, etwa 12 Klavier-Stücke in mal ernstem, mal satirischem Duktus. Entstanden sind sie in Reaktion auf die drakonischen Maßnahmen und die fortschreitenden Übergriffe des Staates. Als die Corona-Politik zu wuchern begann, zog sich das Paar in ein Refugium an der See zurück, um die langanhaltende Situation mit Abstand einschätzen zu können und die Schließung der hauseigenen Spielstätte besser zu verdauen. Nach einer Weile kamen sie aus der Starre. „Alles musste raus“, erinnert sich Ralf: „die Wut, die Ohnmacht, die Frustration.“

Lateinische Verballhornungen

Mit den Corona-Songs sollten in der Folge alle Erlebnisse verarbeitet werden. So entstand unter anderem ein ziemlich witziges Lied, das so klingt, als wäre es in lateinischer Sprache verfasst: „Symphonia annadiabolica pharmaindustriensis / et Requiem de mascerados Söderus Marcellus lobbyisticus / et Lady Södera Lametta trallala“, heißen die ersten Zeilen, die einen Lacher nach dem anderen produzieren. Und es geht munter so weiter: „Los wochos Dineros muchos de mascerados verknappos / et Luftikus verknappus de personae trivialae / oh jeh, oh jeh, oh jeh / elites Omnibus annus dei d‘oro legibus alla pleya spahnjensis / et personae trivialae fahribus in Omnibus con maskibus / very ungerechtibus— ausrufezeichibussibus / Quando al fine ungerechtibus?“

Ralf am Klavier

Der Song ist bewusst so gestaltet, dass er teils unverständlich bleibt, aber dennoch zu verstehen gibt, worum es geht. Einerseits verleiht diese Machart eine gewisse Sicherheit vor einem Shitstorm, der heutzutage jedem droht, der Kritik an der Corona-Politik übt. „Andererseits hören die Menschen genauer zu, wenn der Text unverständlich ist“, erklärt Ralf. Wer diesem Credo folgt, findet in dem Stück tatsächlich alle Themen und Protagonisten, die in den letzten anderthalb Jahren für Aufregung sorgten. Es geht um streitbare Personen wie Markus Söder oder Jens Spahn. Es geht um den Verdacht, dass solche Politiker sich eher für die Pharmaunternehmen einsetzen als für das Gemeinwohl. Und es geht um viel Geld, das mit Masken oder Corona-Tests verdient wird.

Song über „Wirrologen“

Humor spielt für das Duo eine wichtige Rolle. „Man bleibt in Bewegung“, sagt Ralf, der die Stücke mit großer Leidenschaft vorträgt. „Der Humor ermöglicht eine gewisse Flexibilität.“ Das sei wichtig, um nicht in einen Zustand der Lähmung zu geraten. Der satirische Ansatz enthält aber noch einen weiteren positiven Aspekt: „Die Satire darf alles“, so der Künstler. „Sie eignet sich hervorragend dafür, die Grenzen auszuloten.“ Mit ihr könne man provozieren und somit wirkungsvoll den Blick auf die Missstände lenken. Zu ihnen zählt heutzutage auch die Inflation sogenannter Experten. Rund um die Uhr melden sich zwielichtige Personen zu Wort, die alles besser wissen – in der Corona-Zeit vor allem Virologen. „Allerdings drängt sich der Verdacht auf, dass sie von oben installiert sind“, sagt Ralf. „Ihre Aufgabe besteht darin, die Öffentlichkeit zu verwirren.“

Zu diesem Thema hat der Künstler ein passendes Stück geschrieben, das in kreativer Weise mit dem Wort «Virologe» spielt: „Der Wirrologe sucht die Wirren / nur selten tut er sich da irren“, heißt es zu Beginn. „Unter’m Mikroskop da gibts genug / sie werden sichtbar ohne Lug und trug / Dort schwirren sie herum widebum / ohne Abstand dumm an dumm / und wer ausschert wird bekehrt.“ Neben dem Experten-Problem widmen sich die Corona-Songs auch Themen, die beispielsweise kleine Ladenbesitzer betreffen. Einige beschäftigen sich mit ihren Sorgen und Nöten, andere gehen auf das Wesen des Grundgesetzes ein. Es wird ein breites Spektrum abgedeckt, nicht ohne auch ein bisschen Hoffnung zu versprühen.

Digitale Auftritte sind keine Alternative

Das Künstler-Paar blickt trotz vieler Enttäuschungen optimistisch in die Zukunft. Isabel und Ralf kooperieren mit anderen Kulturschaffenden und vernetzten sich, wo es nur geht. Es kommt sogar zu Live-Darbietungen, wenn schon nicht in dem eigenen Hoftheater, so doch auf Events auswärts – so wie auf der Friedenskonferenz in München am 17. Und 18. Juli. Das Duo ist solche Auftritte gewohnt. Schon vor Corona trugen die beiden ihr Programm zu 50 Prozent außerhalb der eigenen Wirkungsstätte vor. Momentan ist es eher die Regel, auch weil die «Sagos» analog bleiben wollen. Digitale Auftritte im Stream stellen für sie keine Alternative dar. Dass viele sich dem Druck des Staates beugen, kann das Duo nur bedingt verstehen. „Klar, es geht um die materielle Existenz“, sagt Ralf. „Dennoch darf man sich nicht vereinnahmen lassen, sondern muss sich mit anderen Menschen verbinden.“

Da für die «Sagos» ein Betrieb unter den neuen Hygieneregeln nicht in Frage kommt, bleibt ihr Hoftheater weiterhin geschlossen. Isabel und Ralf engagieren sich jedoch bei dem Projekt, im Kulturbetrieb neue Strukturen zu schaffen. Es soll ein Raum geschaffen werden, in dem intensiv über Kunst und deren Bedeutung für die Gesellschaft debattiert wird. Er soll Menschen zusammenbringen und den Austausch fördern. Er soll Impulse liefern und zum Nachdenken darüber anregen, was die Kunst leisten kann, damit sich solche Maßnahmen wie in der Corona-Krise nie mehr wiederholen.

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