23. November 2024

Reportage «Unfreie Bildung» – Wie gehen Studierende mit den Corona-Maßnahmen um?

Seit Beginn der Corona-Krise ist der Universitätsalltag schwierig geworden, vor allem für Studierende, die sich gegen die Maßnahmen und gegen die Impfung aussprechen. Wurden zwischen den Sommersemestern 2020 bis 2021 noch alle vom Präsenzbetrieb ins Homeoffice verbannt, fand in dem darauffolgenden Wintersemester eine Segregation statt – mithilfe der 3G- oder 2G-Regel. Wer das Universitätsgebäude betreten möchte, muss entweder genesen oder geimpft sein. Mancherorts reicht für den Zutritt auch ein negativer Corona-Test aus. Wie geht das mit dem Recht auf freie Bildung einher? Und wie lässt sich die Ausgrenzung Ungeimpfter mit dem an deutschen Universitäten dominanten Gender- und Diversity-Imperativ vereinbaren? Diesen Fragen geht eine neue Reportage der Rubikon-Jugendredaktion nach.

Um Antworten zu finden, begeben sich Nicolas Riedl und Flavio von Witzleben in dem knapp 26-minütigen Film direkt in den Universitätsbetrieb und sprechen nicht nur mit Studenten, sondern auch mit namhaften Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern wie Bettina Berger. Die deutschen Hochschulen, so ihre These, seien schon lange kein Ort mehr, an dem Meinungsvielfalt herrsche. Wer bei bestimmten Themen eine gegensätzliche Ansicht vertrete, werde ausgegrenzt. In der Corona-Krise sei das besonders deutlich geworden. Ihr Kollege Michel Meyen, Medienwissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität München, stimmt dem voll zu. Einerseits wird Toleranz gepredigt, andererseits hat der Großteil der Dozenten und Studierenden kein Problem damit, dass Ungeimpften der Zugang zum Universitätsbetrieb verwehrt wird.

Und wie gehen die Ausgegrenzten damit um? Wehren sie sich? In der Reportage kommen verschiedene Studierende zu Wort, Manel zum Beispiel, die sich in Köln sogar universitätspolitisch engagierte. Nachdem sie an einer großen Demonstration gegen die Corona-Politik teilgenommen hatte, wurde sie jedoch ihres Amtes enthoben. Wenn sie über ihren universitären Alltag berichtet, lässt sich schnell heraushören, wie schwierig er für viele geworden ist. Manche Studierenden müssen sich täglich testen lassen, was die Kosten in die Höhe treibt. Andere können zu Hause online an den Veranstaltungen teilnehmen, halten es auf Dauer aber nicht aus. Wer die Strapazen doch auf sich nimmt und das Universitätsgebäude betritt, muss im Winter in kalten Räumen sitzen, weil die Fenster durchgehend geöffnet bleiben.

Studierende wehren sich

Nicht wenige Studierende organisieren sich und proben den Aufstand. Die Reportage fängt einige Momente einer Demonstration in Erlangen ein, wo Studierende aus ganz Deutschland zusammenkommen, um gegen die Einführung der 2G-Regel an den Universitäten zu protestieren. Die Aufnahmen verdeutlichen, wie gespalten die Studentenschaft ist. Während ein Teil für ihr Recht auf freie Bildung demonstriert, steht ein anderer am Rande des Aufzugs und bedenkt die Vorbeiziehenden mit finsteren Blicken. Ein Dialogangebot wird abgelehnt. Der Protest ist jedoch nur eine Form, sich gegen die Zutrittsbeschränkungen zu wehren. Manche Betroffenen reden mit Studierendenvertretungen, starten Aufrufe, organisieren Treffen oder schreiben Briefe an die Universitätsleitung. Doch der Erfolg bleibt in den allermeisten Fällen aus.

Obwohl sich die Macher nur knapp eine halbe Stunde für ihren Gegenstand nehmen, gelingt es ihnen geschickt, mehrere Aspekte abzudecken. Nicolas Riedl und Flavio von Witzleben bemühen sich dabei durchaus um Objektivität, was sich allein daran zeigt, dass auch Studierende zu Wort kommen, die Verständnis für die Maßnahmen aufbringen oder denen sie nicht weit genug gehen. Der größte Verdienst besteht jedoch darin, dass die Reportage ein Schlaglicht auf ein soziales Feld wirft, der in der öffentlichen Diskussion kaum Erwähnung findet. Das liegt unter anderem daran, dass die Mehrheit der jungen Erwachsenen dem Corona-Kurs der Regierung brav folgt. Insofern leistet die Rubikon-Reportage in gewisser Weise Aufklärungsarbeit. Sie macht deutlich, dass es unter den Studierenden nicht wenige gibt, die gegen den Strom schwimmen und für ihr Recht auf freie Bildung einstehen.

Titelbild: Screenshot

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