«Ayn Rand: A Sense of Life» – Ausführliche Doku über eine libertäre Denkerin

Sie war eine Intellektuelle mit vielen Facetten. Die Schriftstellerin und Philosophin Ayn Rand prägte mit ihren Ideen die Geistesgeschichte der letzten Jahrzehnte. Im Mittelpunkt ihres Denkens steht eine Ethik, die auf rationalem Selbstinteresse basiert. Die Rechte auf Leben, Freiheit und Eigentum spielen dabei eine übergeordnete Rolle. Nach Rand sind sie es, die ein gesellschaftliches Leben in Eintracht erst ermöglichen. Deswegen komme dem Staat lediglich die Rolle zu, diese Rechte durch Gefahrenabwehr zu schützen. Ansonsten habe er sich aus dem Leben des Individuums herauszuhalten.

Diese Überzeugungen veranschaulichen in Grundzügen, dass Ayn Rand zu den Wegbereitern des Libertarismus gehört. Welchen Beitrag sie zur Verbreitung dieser Ideologie geleistet hat, erläutert eine Dokumentation aus dem Jahr 1996. Der Film stellt die Schriftstellerin nicht nur als Intellektuelle vor, sondern auch als Mensch, der schon früh nach größtmöglicher Freiheit strebte. Dieser Drang hängt größtenteils mit ihrer Herkunft zusammen. 1905 in Sankt Petersburg geboren, erlebte Rand kurze Zeit später die Russische Revolution und den sozialistischen Kollektivismus. Die Einschränkungen individueller Freiheiten brachten sie schließlich dazu, in die USA zu immigrieren. Dort sah sie die besten Bedingungen, sich selbst und ihre Ideale zu verwirklichen.

Mit originellen Archivaufnahmen

In der Dokumentation wird diese Zeit eindrucksvoll illustriert. Regisseur Michael Paxton greift auf originelle Fotografien und Archivaufnahmen zurück, die unter anderem Lenin in Aktion zeigen. Solch atmosphärisch dichte Bilder machen den Film aus. Er nimmt die Zuschauer auf eine längere Reise von der Sowjetunion bis nach Nordamerika, wo Rand in den späteren Jahren in Talkshows sitz und Interviews gibt. Dabei schaltet sich aus dem Off immer wieder eine Erzählerin ein, die den biografischen Werdegang der Schriftstellerin skizziert und an den wichtigsten Stationen Halt macht, um die Ereignisse einzuordnen.

Rands Interesse für Philosophie entwickelte sich bereits in den jungen Jahren. Besonders gerne las sie Thomas von Aquin und Aristoteles. Vom Letzteren ließ sie sich dazu inspirieren, den Grundsatz, wonach der Verstand das einzige Werkzeug der Erkenntnis ist, zum Kerngedanken ihrer eigenen Philosophie zu machen. In den USA führte sie die wesentlichen Ideen nicht nur in essayistischen Schriften aus, sondern auch in belletristischen Büchern. Ihre Helden sind entweder überzeugte Individualisten oder Menschen, die erst zu solchen werden, indem sie sich gegen den Staat auflehnen. Es sind Figuren, die sich nicht vom Kollektiv vereinnahmen lassen, sondern das ausleben, was die Philosophie des Libertarismus hochhält: die individuelle Freiheit.

Michael Paxtons Dokumentation ist eine großartige Einführung in das Leben und Werk einer Ausnahmeintellektuellen. Für diese Vorstellung nimmt sich der Film viel Zeit. In aller Ausführlichkeit handelt er jedes kleine Detail ab, sodass ein Porträt entsteht, das keine Fragen offenlässt. Wer die Dokumentation gesehen hat, braucht eine Biografie eigentlich nicht mehr zu lesen. Empfehlenswert ist hingegen die Auseinandersetzung mit Rands Schriften und Romanen, die in der Corona-Krise aktueller denn je wirken. Wenn jemand das Verhältnis zwischen Kollektiv und Individuum konfliktreich darstellen konnte, dann sie.

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