«Dark Justice» – Eine Hacker-Gruppe sucht Gerechtigkeit

Einen White Hat nennt man in der Hacker-Szene einen Vertreter der eigenen Zunft, der sich einer gewissen Ethik verpflichtet fühlt. Anders als sein Gegenpart, der sogenannte Black Hat, verfolgt er keine kriminellen Ziele, sondern konzentriert sich unter anderem darauf, den Bösewichten das Handwerk zu legen. Einen solchen moralisch integren Cyberkrieger repräsentiert der Protagonist in dem Thriller «Dark Justice». 

Jake De Long (Martin McCann), einer der besten Programmierer der Welt, werkelt an einer geheimen Webseite. Als Versteck dient ihm ein verlassenes Lagerhaus in Luxemburg, wo die Polizei bereits einen Zugriff auf den Computerspezialisten plant. Doch bevor sie zuschlagen kann, gelingt Jake die Flucht nach Kanada. Dort wartet auf ihn seine Kollegin Valérie (Astrid Roos), mit der er die Entführung von vier einflussreichen Personen einleitet. Diese Ereignisse erzählt der Film innerhalb weniger Minuten, ohne viel Zeit darauf zu verschwenden, die Figuren vorzustellen. 

Wer sie sind, welche Rolle sie einnehmen, das erfahren die Zuschauer nach und nach, wenn die kleine Hacker-Gruppe die Entführten mit den eigenen Vergehen konfrontiert. Regisseur Pol Cruchten (Never die young) inszeniert dieses Entlarvungsspiel als eine Art digitales Anklageverfahren, an dem auch die Strafverfolgungsbehörden beteiligt werden. Die White Hats nutzen die besagte Webseite, um alle Beteiligten virtuell zusammenzubringen, obwohl sie sich an einem jeweils anderen Ort befinden. Was sie über das Portal senden, erscheint einerseits auf den Bildschirmen in dem abgeriegelten Raum der Entführten, aber auch auf den Displays der Polizei. 

Dialoglastiges Kammerspiel

Auf diese Weise kommen geheime Aufnahmen, E-Mails oder Verträge ans Tageslicht, die beweisen, dass die vier Entführten in der Vergangenheit Schuld auf sich geladen haben. Es geht um Umweltverschmutzung, Operationen von Privatarmeen und Korruption. Über weite Strecken findet die virtuelle Überführung der Täter in geschlossenen Räumen statt, weshalb der Thriller etwas dialoglastig ausfällt und größtenteils als Kammerspiel daherkommt. Spannung entsteht nur punktuell, auch weil Konflikte nur spärlich in Handlung übersetzt werden. Seinen Reiz bezieht der Film ausschließlich aus den Fragen, die er aufwirft: Wie weit darf Selbstjustiz gehen? Darf sie selber das Gesetz überschreiten, um Rechtsverstöße zu ahnden? Ist es moralisch vertretbar, auf Grundlage einer bestimmten Gesinnungsethik Unmoralisches zu tun? Heiligt der Zweck die Mittel?

«Dark Justice», demnächst auf DVD und Blu-ray erhältlich, lässt diese Fragen offen und überlässt es den Zuschauern, auf sie eine Antwort zu geben. Einfach ist die Entscheidung freilich nicht. Es handelt sich um ein Dilemma, das in der Filmgeschichte bereits mehrfach thematisiert wurde, ohne eine befriedigende Lösung anzubieten. Angesichts der ideologisch wie moralisch aufgeladenen Zeit, in der wir derzeit leben, lohnt es sich deshalb, noch einmal darüber nachzudenken

– Von Pol Cruchten, mit Martin McCann, Désirée Nosbusch, Pascale Bussières, Produktionsland: Luxemburg / Kanada, Anbieter: Eurovideo

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