«Lione» – Rapbellion Beatus setzt sich für die Meinungsfreiheit ein

Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass die Rapbellions musikalisch von sich reden machen – ob im Kollektiv oder mit einem Solo-Track. Einen solchen hat nun auch Beatus vorgelegt. «Lione» ist eine Replik auf die Vorgänge in Folge des Rapbellions-Hits «Ich mach da nicht mit», der einerseits sehr schnell die Charts eroberte, anderseits aber genauso rasch der Zensur zum Opfer fiel. Kurz darauf gingen auch die Leitmedien zum Angriff über. Die Rapbellions wurden als „Spinner“, „Schwurbler“ und „Verschwörungstheoretiker“ diskreditiert. Angesichts der vielen Klick- und Abrufzahlen sei das ein Widerspruch, findet Beatus. In seinem neuen Song drückt er seine Kritik so aus: „Glaubst du wirklich, dass wir einfach ein paar Spinner sind? / Wenn wir ne’ Woche auf der 1 waren, dann stimmt das nicht.“

Wie schon der gemeinsame Track «Goldlöwen» zielt auch «Lione» darauf ab, die Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen Publikumserfolg und Zensur zu lenken. Einen Verweis darauf liefert bereits der Titel, wenn auch in kryptischer Form. «Lione» ist ein Wortspiel, bestehend aus «lion», dem englischen Wort für Löwe, und «one», eine Anspielung auf den ersten Platz in sämtlichen Charts, den die Rapbellions mit «Ich mach da nicht mit» genießen durften, bis die Zensur zuschlug. „Ohne sie hätten wir innerhalb weniger Tage eine Million Klicks generiert und wären dann in den Trends gelandet“, sagt Beatus. Für die Meinungswächter sei das gefährlich gewesen. „Denn dann wären noch mehr Menschen auf das aufmerksam geworden, was wir in dem Song transportieren. Aus ihrer Sicht hätte er einen Waldbrand erzeugen können“, so der 32-jährige Rapper aus Hamburg.

Einstehen für die eigenen Werte

«Ich mach da nicht mit» enthalte kritische Aussagen, die die Hörer, allen voran die Jugend, zum eigenständigen Denken animieren sollen. Doch das sei nicht gewünscht, weshalb man solche Tracks aus dem Verkehr ziehe. In «Lione» vergleicht Beatus dieses Vorgehen mit Maßnahmen aus einer unrühmlichen Zeit der deutschen Geschichte: „NWO wird sichtbar, die Wahrheit zieht einen großen Kreis / Wenn das Volk sich dann einmal erhebt, wäre die Show vorbei / Das darf nicht sein. Deshalb löschen und zensieren sie uns / Ist wie die Bücherverbrennung ohne plausiblen Grund“. Meinungsfreiheit ist in dem Song genauso ein großes Thema wie Selbstbestimmung und Rebellion. Als ihr wesentliches Merkmal nennt der Rapper die Prinzipientreue: „Rebellion heißt nicht Gewaltbereitschaft, sondern bedeutet, für die eigene Meinung und für die eigenen Werte einzustehen – bis zum Ende.“

Beatus

Nach diesem Prinzip versucht auch Beatus zu leben – als Bürger, vor allem aber als Rapper, wie eine Zeile aus seinem neuen Song zu verstehen gibt: „Hip-Hop ist Protest, Bruder, glaub mir, ich leb’ den Scheiß / Ich mache da nicht mit, denn ich bin Rebell auf Lebenszeit.“ Seine Musik sei sehr ehrlich, sagt der Hamburger. In ihr beziehe er klar Stellung, bringe das zur Sprache, was er denkt und fühlt. Beatus bezeichnet sie als „Persönlichkeitsmusik“. Sie zeichne sich dadurch aus, dass der Charakter des Künstlers in die Songs einfließt. Erst dadurch werde die Musik einzigartig und unterscheide sich von den Werken anderer. Bis er das verstanden hat, sollten ein paar Jahre vergehen. Als Beatus 2008 zu rappen begann, bedienten seine Songs noch die gängigen Hip-Hop-Klischees. Es ging viel um Gewalt, um das Leben auf der Straße, um Sex und Partys. „Sie waren asozial“, sagt er heute rückblickend.

Doch der Inhalt änderte sich, als Beatus 2013 in eine Lebensphase trat, die einen Reifungsprozess einleitete. Er reflektierte über die Erfahrungen der letzten Jahre und entwickelte einen ganzheitlichen Blick, der nicht an der Oberfläche stehenblieb. „Ich habe sehr viel an Erkenntnis gewonnen“, sagt der Rapper. Dazu gehörte auch die Überzeugung, dass das gesellschaftlich-politische System aus dem Ruder läuft. Diese Ahnung sollte sich bewahrheiten. Mit der Corona-Krise offenbarte sich alles, was er zuvor in seiner Musik verarbeitet hatte. Bis zum Jahr 2020 entstanden rund 150 Songs, die der Rapper auf den bekannten Plattformen kostenfrei zur Verfügung stellte. Größere Bekanntheit erlangte er mit dem Hit «Rebellion», der Missstände verschiedener Art anspricht.

Unabhängige Kunst

Seit seinem Wandel geht es Beatus darum, Menschen wachzurütteln, sie dazu zu bringen, das gesellschaftliche System zu hinterfragen. Dieser Impetus zieht sich durch sein ganzes Werk, das mehrere Mix-Tapes aufweist – darunter eines mit dem Rapbellions-Kollegen Yannick D. 2020, im berüchtigten Corona-Jahr, veröffentlichte der Hamburger Sprechgesangskünstler «Welt im Wandel», einen emotionalen Song, der aufgrund seines Wahrheitsgehalts vielen aus der Seele sprach. Er war es auch, der Rapper wie Lapaz aufhorchen ließ. Bis zum gemeinsamen Rapbellions-Projekt dauerte es dann nicht mehr lange. Heute verbindet ihn mit der ganzen Crew eine tiefe Freundschaft, weshalb es ihm wichtig war, alle Löwen in das «Lione»-Video einzubinden. Jeder einzelne von ihnen übernimmt darin einen Part, indem er die Lippenbewegungen des Raps imitiert.

Was die Rapbellions ausmacht, erklärt Beatus in wenigen Sätzen: „Wir sind nicht Teil der Musikindustrie – und das bewusst. Wir sind unabhängig und nicht kommerzorientiert. Wir stellen Reichtum nicht über Moral und Werte – so wie viele in der Hip-Hop-Branche, die zwar über einen Vertrag verfügen, dafür aber den Bossen nach dem Mund reden müssen.“ Die Kritik an der heutigen Hip-Hop-Szene findet sich auch in seinem neuen Song. „Apropos ihr fickt doch Mütter und macht Gangsta-Rap / Dann sagt, wo sind die Eier von den Rappern jetzt“, heißt eine pointierte Zeile. Für Beatus verkaufen sich viele Künstler als etwas, was sie nicht sind. Anstatt unbequeme Fragen zu stellen, werde nach einem Schema gerappt, das Erfolg verspricht. Dabei handele es sich oftmals um eine Vorgabe von oben. In ein solches Abhängigkeitsverhältnis wollen sich Beatus und seine Rapbellions-Kollegen nicht begeben. Sie verstehen Hip-Hop als eine Ausdrucksform des Protests. Es gehe darum, Denkanstöße zu geben, sagt der Hamburger: „Dann lässt sich das System auch verändern.“

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