«Mit offenen Augen» – Kunstvideo verarbeitet das Entsetzen über die Corona-Politik

Die Corona-Politik hat bei vielen Menschen Entsetzen ausgelöst. Doch wie lässt es sich adäquat ausdrücken, wie in eine angemessene Form gießen? Der Berliner Künstler Matthias Fitz hat sich dazu entschieden, seine Gefühle und Gedanken in einem Kunstvideo zu verarbeiten. «Mit offenen Augen» heißt es. Der Titel spielt auf die Skulptur vor dem Robert Koch-Institut (RKI) an, das schon im Nationalsozialismus eine unrühmliche Rolle spielte. Die Installation soll mahnend daran erinnern, dass eine verbrecherische Forschung nie mehr stattfinden und Wissenschaftler nie mehr vertrieben werden dürfen. Doch diese werden heute wieder enorm unter Druck gesetzt, wenn sie sich kritisch gegenüber den Corona-Maßnahmen äußern. Diese und andere Verfehlungen akzentuiert Fitz’ Kunstvideo, indem es die Unmenschlichkeit der seit über zwei Jahre andauernden Gesundheitspolitik vor Augen führt.

Der 55-jährige Künstler, spezialisiert auf Fotografie, Video- und Klanginstallationen, arbeitet gerne mit Störungen, Verzerrungen und Unschärfen. In ihnen spiegelt sich die Instabilität physikalischer, visueller und gesellschaftlicher Systeme, für die sich Fitz besonders interessiert. Diese stilistischen Elemente finden sich auch in seinem Kunstvideo «Mit offenen Augen», wo der Berliner ikonisch gewordene Auftritte prominenter Corona-Protagonisten kurz einfrieren lässt oder sie bildlich verfremdet. Er zeigt die leeren Straßen großer europäischer Städte zu Beginn der Lockdown-Politik, blendet Zitate ein oder montiert Ausschnitte aus skurrilen Werbekampagnen, die unter anderem den Impfstoff anpreisen.

Matthias Fitz

Bezeichnend dafür sind die Aussagen des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn, dessen Presseauftritt Fitz in seinem Kunstvideo ebenfalls verwertet. „Denn es gibt sie“, sagte der CDU-Politiker im Dezember 2020, „es gibt sie, die frohe Weihnachtsbotschaft. In diesem Moment sind LKWs in ganz Europa, in ganz Deutschland, in alle Bundesländer unterwegs, um den ersten Impfstoff auszuliefern. Dieser Impfstoff ist der entscheidende Schlüssel, diese Pandemie zu besiegen.“ Er habe auf die Vakzin-Kampagne den Fokus gelegt, erläutert Fitz seine Intention. Sie sei maßgeblich für sein Entsetzen verantwortlich, obwohl andere Aspekte der Corona-Politik ebenfalls belastend wirken. Regierung, Medien und das RKI hätten die Bevölkerung mit Zahlen und Statistiken bombardiert, ohne sie ins Verhältnis zu setzen, sagt er.

Was ist nun die Wahrheit?

Fitz empfand diese Angstpolitik schon sehr früh als irritierend. Dieses Gefühl soll sein Kunstvideo vermitteln. In den vielen Verfremdungen äußert sich das irritierende Fragen danach, was nun die Wahrheit ist. Die Corona-Politik, so die Aussage dahinter, stellt einen Moment der Veränderung dar, einen unscharfen Übergangsbereich zwischen verschiedenen Gesellschaftszuständen. Für Fitz ist die Demokratie in Deutschland derzeit äußerst labil und gefährdet. Dass Kritiker zensiert, Arbeitnehmer mit einer politisch anderen Haltung entlassen werden, empfinde er als nicht verfassungsgemäß. „Mit Rechtsstaatlichkeit hat es eigentlich nichts mehr zu tun“, beklagt er sich. „Viele Entscheidungen werden einfach nicht neutral getroffen.“

Bis er seine Gefühlswelt künstlerisch projizieren konnte, vergingen knapp zwei Jahre. Er habe zunächst seinen eigenen Umgang mit der Situation finden müssen, sagt der Berliner. Es dauerte, ehe er das Bedürfnis verspürte, sein stetig wachsendes Entsetzen auch künstlerisch zu verarbeiten. Irgendwann war es dann so groß, dass Fitz nicht anders konnte, als tätig zu werden. Drei Monate soll die Arbeit an dem Video gedauert haben. In den insgesamt 18 Minuten greift der Künstler weder kommentierend ein noch taucht er selber im Bild auf. Sein Werk kommt eher als eine mediale Collage daher, die Archivaufnahmen geschickt nebeneinanderstellt, sodass sich daraus eine kurze, aber treffende Chronologie der Corona-Politik ergibt. Wer sie nachverfolgt, spürt das Entsetzen, das nicht nur den Künstler umtreibt, sondern sehr viele Menschen, die noch immer nicht begreifen können, was da in den letzten zwei Jahren passiert ist.

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