Der in Genf lebende und in Kamerun geborene Autor Max Lobe ist hierzulande nur wenig bekannt. Das mag auch daran liegen, dass seine literarische Karriere erst begonnen hat. Bislang stammen zwei Romane aus seiner Feder. Der jüngste von ihnen ist nun unter dem Titel «Der Weise aus dem Bantuland» in dem austernbank verlag erschienen.
Das Münchner Haus veröffentlicht seit 2011 preisgekrönte französischsprachige Literatur der Gegenwart in deutscher Erstübersetzung. „Wir finden, Austern und Literatur passen sehr gut zusammen: Sie reifen langsam, erfordern Geschick beim Öffnen und polarisieren beim Genuss“, heißt es auf der Homepage des Verlags. Der lange Reifeprozess trifft auf «Der Weise aus dem Bantuland» sicherlich zu, bedenkt man, dass der Roman im Original bereits 2014 auf den Markt kam. Polarisierend ist er jedoch nicht, auch wenn er Themen wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verarbeitet.
Wie der Autor selbst stammt auch der Ich-Erzähler Mwána aus Afrika, genauer gesagt aus „Bantuland“. In der Schweiz erhofft er sich ein Leben in Frieden und Wohlstand, muss aber schnell feststellen, dass dieses Ideal an der Realität scheitert. Der Romanheld sucht nicht nur vergeblich nach einem Job, ihm bereiten auch die gesellschaftlichen Vorurteile Sorgen. Ein Teil der Eidgenossen möchte Menschen wie ihn aus dem Land jagen, was auf einem Plakat mit einem schwarzen Schaf deutlich zu Ausdruck gebracht wird. Dass Mwána dann ausgerechnet ein Praktikum in einer NGO absolviert, die gegen jene Plakat-Kampagne vorgeht, liegt in der Logik fiktionaler Stoffentwicklung.
Ich-Erzähler versprüht Optimismus
Trotz dieser Widrigkeiten im fremden Land zeigt sich der Ich-Erzähler bestens gelaunt. Mit Verve berichtet er im Präsens von seinen täglichen Erlebnissen, die mal enttäuschend, mal aufbauend ausfallen. In diese Schilderungen fließt viel afrikanische Kultur ein, die sich unter anderem an den vielen afrikanischen Ausdrücken und dem unerschütterlichen Optimismus der Hauptfigur bemerkbar macht. Dabei sind es gerade die kleinen Dinge im Leben, die seine Stimmung heben.
Am meisten begeistert zeigt sich Mwána, wenn er ausreichend zu essen hat. Als er von seiner Mutter ein Paket mit Nahrungsmitteln erhält, gerät er bei der Aufzählung geradezu in einen Rausch: „Fumbwa, Saka-Saka, Makayabu, Okra, getrocknete Impwas. Gekochte Erdnüsse, gegrillte Erdnüsse, getrocknete Erdnüsse, karamellisierte Erdnüsse, Erdnussöl, Erdnussbutter, Erdnüsse und noch mehr Erdnüsse. Maniokstangen, Maniokmehl, Maniokgebäck, Tapioka, Maniokpfannkuchen, Maniok und noch mehr Maniok. Kürbisskernkekse, Augenbohnenkekse, Kokosnusskekse, Kekse und noch mehr Kekse. Taro, Tannia. Palmöl, getrocknetes Buschmeat und so weiter.“
Szenen aus dem Leben
Ständig ist in dem Roman von Essen die Rede. Der Held spricht über diese Leidenschaft in einem genauso heiteren Ton wie über seine homosexuelle Beziehung, die im Laufe der Handlung Risse bekommt. Als schließlich auch noch seine Mutter schwer erkrankt und in der Schweiz behandelt wird, bekommt der Erzählfluss einen immer düstereren Anstrich. Auf der anderen Seite gelingt es Mwána, endlich eine vernünftige Anstellung zu finden.
Das Leben besteht aus Höhen und Tiefen. Wer aber hoffnungsvoll bleibt und sein Ziel nicht aus den Augen verliert, erhält seinen verdienten Lohn. Diese Botschaft sendet Max Lobe, indem er sich auf unspektakuläre Alltagsszenen konzentriert. Gerade weil in ihnen so viel Lebenserfahrung steckt, wirkt «Der Weise aus dem Bantuland» nicht polarisierend, sondern bestätigend. Viele Leser werden sich in der Geschichte wiederfinden.