«Helmut Newton» – Dokumentarfilm über einen unangepassten Fotografen

Helmut Newton war einer der größten Fotokünstler seiner Zeit. Seine Bilder provozieren bist heute – man muss sagen: gerade heute, in einer Zeit, in der Political Correctness einen hohen Stellenwert hat. Newtons Oeuvre ist voll von nackten Frauen. Sie posieren in aufreizender Manier, zeigen Busen und Schamhaar. Sexistisch, sagen Kritiker, misogyn und frauenfeindlich.

Doch diese Aussagen sind stark verzerrt, wie Gero von Böhms Dokumentarfilm über den Ausnahmefotograf schnell deutlich macht. «Helmut Newton – The Bad and the Beautiful», nun auf DVD erschienen, stellt ihn als Visionär vor, als subversiven Künstler, der seine Models als starke Frauen abbildete. Sie erscheinen als selbstbewusst, stolz und selbstbestimmt, als Frauen, die das Komando haben. Viele der Protagonistinnen können das nur bestätigen. Claudia Schiffer, Hanna Schygulla, Charlotte Rampling oder Isabella Rossellini – im Film berichten sie davon, wie frei sie sich bei den Shootings mit Newton fühlten. 

Die vielen Vorwürfe, denen der Fotograf ausgesetzt war, können sie nicht nachvollziehen. „Man kann natürlich sagen: Das ist sexistisch. Man kann aber auch sagen, er hält der Gesellschaft einen Spiegel vor“, bringt es Nadja Auermann auf den Punkt. Tatsächlich schimmert in Newtons Arbeiten eine gewisse Gesellschaftskritik durch. Seine Fotografien bilden die schöne Oberfläche ab, verweisen aber auch auf die abnormen Züge der Mode- und Medienbranche. 

Diese Grundmessage vermittelt Regisseur Gero von Böhm, indem er zwischen Newtons Fotos und Interviews mit dessen früheren Models hin und her schneidet. In gleichmäßigem Rhythmus präsentiert er auf diese Weise immer neue Details, die das Werk verständlicher machen. Ihm ist die erste Hälfte des Films vorbehalten, während im zweiten Teil Helmut Newton als Person in den Vordergrund tritt. In einem biografischen Rekurs geht von Böhm auf dessen Jugend im Berlin der 1930er Jahre ein, die für den Sohn jüdischer Eltern nicht ganz einfach waren. Als die Verhältnisse in Deutschland unerträglich wurden, floh Newton schließlich nach Singapur und Australien. Zuvor hatte er noch die Gelegenheit, bei der Fotografin Yva sein Handwerk zu lernen.

Wenn Newton in den vielen Interviews über diese Zeit spricht, wirkt er nicht verbittert. Groll und Feindseligkeit scheinen dem Künstler fremd gewesen zu sein. Aus nahezu allen Archivaufnahmen, die Gero von Böhm für seine Dokumentation auftreiben konnte, geht hervor, dass der Fotograf das Leben in vollen Zügen genoss. Er war verspielt, hatte einen Hang zum Risiko und nahm auch Unerfreuliches mit Humor. Ob am Set, im Urlaub oder in Talkshows, in vielen Szenen des Films strahlt Newton eine gewisse Leichtigkeit aus, die ihn auch als Person faszinierend macht.

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