Hans Erich Nossacks «Bereitschaftsdienst» – wie eine Blaupause der gegenwärtigen Pandemie-Situation

Vor knapp fünfzig Jahren schrieb der heute vergessene Schriftsteller Hans Erich Nossack eine Erzählung über eine Epidemie, die in gewisser Weise die gegenwärtige Corona-Krise widerspiegelt. Das in Form eines Berichts verfasste Prosa-Stück trägt den Titel «Bereitschaftsdienst». Ihn verrichtete der Ich-Erzähler im Hygienischen Institut der Universität Hamburg, als fünf Jahre zuvor eine Selbstmord-Epidemie auch über Deutschlands Grenzen hinaus wütete. Um die damaligen Ereignisse zu verarbeiten, schreibt der eigentlich als Chemiker tätige Chronist nun einen Bericht darüber, wie er die damalige Zeit erlebte.

Wer dieses Buch in die Hand nimmt, könnte bereits nach der ersten Seite meinen, es handle sich um die gegenwärtigen Verhältnisse: „Dass die Epidemie schon damals sozusagen in die Hände moralisierender Besserwisser fiel, ist bei dem völligen Versagen der Wissenschaft vielleicht kein Wunder“, heißt es dort. „Aber genügt es, sich mit der lächerlichen Seite des Problems zufrieden zu geben.“ Solche Sätze hat man in der einen oder anderen Form auch während der Corona-Krise gehört, jedoch nicht in den Zeitungen und Magazinen des Mainstreams, sondern in den alternativen Medien. Der angelbliche «Qualitätsjournalismus» hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Bis heute wird dreist gelogen, vertuscht und abgelenkt. Es besteht der keineswegs unbegründete Verdacht, dass die Berichterstattung politisch motiviert ist.

Frappierende Parallelen

Allerdings haben die Leitmedien damit Erfolg. Der Großteil der Bevölkerung nimmt die Informationen für bare Münze, ohne die zweifelhaften Aussagen zu hinterfragen. Liest man Nossacks «Bereitschaftsdienst», finden sich auch zu diesem Thema frappierende Parallelen: „Die Zeitungsleser, sagt man sich, können doch das, was ihnen da vorgeschwindelt wurde, unmöglich geglaubt haben. Doch sie haben es geglaubt, das muß ich leider als Beteiligter bestätigen.“ Die Wissenschaft kommt in Nossacks Werk nicht besser weg: „Mir ist nicht bekannt, ob die Wissenschaft, etwa die medizinische, versucht hat, die Epidemie andersherum in den Griff zu bekommen, das heisst, nicht von der Krankheit und den Opfern her, sondern mit Blick auf die, die von ihr verschont wurden.“

In teilweise sarkastischem Ton beschreibt der Erzähler, was während der Epidemie alles schieflief und inwiefern die jeweiligen Institutionen versagten. Es liest sich wie eine Blaupause der gegenwärtigen Verhältnisse – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen. Die fiktive Selbstmord-Epidemie fordert tatsächlich sehr viele Opfer. Der Ich-Erzähler schildert, wie präventive Maßnahmen ergriffen und die Schulen geschlossen werden. Viele Menschen fliehen sogar aus den Großstädten.

Manipulation mit Zahlen

Aufgrund der dramatischen Lage versucht man alles, um eine Panik zu vermeiden. Die Behörden spielen die Epidemie herunter und greifen tief in die Trickkiste, indem sie Zahlen und Daten manipulieren: „Ob man das nun bedauert oder nicht, im Falle der Epidemie funktionierte auch die Statistik nicht mehr oder sagen wir, daß ihre sonst als absolut zuverlässig behaupteten Ergebnisse keineswegs stimmten und auch gar nicht stimmen konnten. Die Zahlen waren so falsch wie die Zahlen der Wahlergebnisse unter Diktaturen.“

Solche Schummeleien bereiten dem Chronisten noch fünf Jahre danach heftige Kopfschmerzen, weshalb er mit seinem Bericht Objektivität anstrebt, um die Ereignisse der Epidemie aus den Händen der Statistik zu befreien. Das wäre auch heute mehr als angebracht. Nach anderthalb Jahren Corona-Krise ist es kaum zu übersehen, wie verzerrt die vermeintliche Pandemie dargestellt wird. Vor diesem Hintergrund erweist sich Nossacks «Bereitschaftsdienst» als Parabel, die vor allem eines lehrt: Die Regierung stellt die Situation immer anders dar, als sie tatsächlich ist.

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