Brückenbauer und Friedensbotschafter Tino Eisbrenner gibt fulminantes Konzert in Berlin

Der Lyriker und Liedermacher Tino Eisbrenner hat am Freitagabend in der Berliner Gaststätte Al Hamra ein eindrucksvolles Konzert gegeben. Organisiert wurde es von dem Verein Kulturkreis Pankow, der sich für Kunst und Kultur im eigenen Stadtviertel engagiert. Wie viele seiner Zunft hat auch Eisbrenner eine harte Zeit hinter sich. Bei seinem Auftritt im Al Hamra ging er darauf zwischen den Liedern ein. Was sie ausmacht, sind nicht nur kommentierende wie kritische Passagen zu Politik und Zeitgeschehen, sondern auch die poetische Sprache. Ganze Metaphern verbildlichen den Wahnsinn der Gegenwart, ohne ihn allzu direkt anzusprechen. Das hat auch etwas mit Eisbrenners Haltung zu tun, der sich als Brückenbauer versteht.

Der Songpoet engagiert sich schon seit Jahren für Frieden, insbesondere mit Russland, zu dem er ein besonderes Verhältnis hat. Als geborener DDR-Bürger lebte er mehrere Jahre in Bulgarien und entwickelte ein Verständnis für slawische Mentalität und Kultur. Nach der Wende gab er in Russland Konzerte und spielte 2017 und 2019 auf der Krim. Ihm ist bewusst, dass der Konflikt auf politischen Winkelzügen und medialen Feindbildern basiert. Neben Russland bereist Eisbrenner oft und gerne südamerikanische Länder, wo er viel Zeit mit Indianern verbringt und ihre Kultur zu verstehen versucht. Davon geprägt ist sein neues Album «Kalumet», das nach der indianischen Friedenspfeife benannt ist. Sie ziert das Cover und verweist bildhaft auf die Message des Werks. Es kommt als ein politisches Album daher, das uns den Spiegel vorhält. Thematisch spannt der Liedermacher einen Bogen vom Raubbau an der Natur bis zu den typischen Merkmalen einer Ellbogengesellschaft.

Gefühlvoll und rockig

Einige Songs daraus spielte Eisbrenner im Al Hamra, gab aber auch frühere Stücke zum Besten. Musikalisch changierten sie zwischen gefühlvollen Balladen und rockigen Tracks zum Mitsingen. Wo er konnte, bezog der Songpoet das Publikum ein, ließ es summen oder zum Rhythmus klatschen. Der Auftritt machte ihm sichtlich Freude. Er ging auf der Bühne förmlich auf und zupfte an den Gitarrensaiten, ohne müde zu werden. Knapp drei Stunden dauerte das Konzert. Dabei war es sein zweites an diesem Tag. Stunden davor spielte er bereits in der usbekischen Botschaft und sorgte dort genauso für musikalische Unterhaltung wie im Al Hamra. Zwischen den Stücken erzählte Eisbrenner in typischer Singer-Songwriter-Manier von seinen Erlebnissen und Erfahrungen, berichtete, wie manche Songs entstanden waren oder erläuterte, worin die Unterschiede zwischen der DDR-Zeit und der Gegenwart liegen. „Wenn Künstler früher kritisch waren, kam jemand auf sie zu und sagte ‚Freundschaft“, so Eisbrenner ironisch. „Heute wird man einfach still aussortiert“, lautete seine Beobachtung der grassierenden Cancel Culture.

Liedermacher Tino Eisbrenner / Foto: Tilo Gräser

Zeitgleich zum neuen Album brachte der Songpoet im Sommer ein Buch mit dem Titel «Hinterland» heraus. Das Werk hat eine interessante Entstehungsgeschichte, die Eisbrenner auf seinem Konzert erzählte, bevor er daraus eine Passage vorlas. Es besteht aus zwei längeren Interviews. Das erste sei vor Russlands Angriff auf die Ukraine entstanden. Anlass war Eisbrenners 60. Geburtstag. Er habe darin unter anderem über die innere Heimat eines Künstlers gesprochen, die Fragen jedoch etwas surreal beantwortet, so der Liedermacher. Doch der Journalistin habe es gut gefallen, die nach dem ausgebrochenen Krieg in der Ukraine noch einmal auf ihn zukam, um sich seine Position anzuhören. Wie sie aussieht, wurde in der vorgelesenen Passage deutlich. Eisbrenner macht die USA und die Nato für die Eskalation verantwortlich und spricht sich für eine friedlicher Lösung aus.

So ging es den ganzen Abend lang, mal ernst, mal spaßig, mal sehr emotional und dann wieder sehr energisch. Zum Schluss spielte Eisbrenner eine Interpretation des georgischen Barden Balut Okudzhava, der sich selber als russischen Barden bezeichnete und zu einem der ganz großen seines Fachs in der Sowjetunion gehörte. Der Song handelte vom Leben, enthielt poetische wie philosophische Zeilen und berührte das Publikum mit seiner leicht melancholischen Melodie. Eisbrenner beendete den Abend so stilvoll, wie er ihn begonnen hatte – mit einer musikalischen Meisterleistung, die Lust auf mehr machte. Wer die Show verpasst hat, bekommt am 11. November die Gelegenheit, den Songpoeten wieder live zu erleben. An dem Tag kommt er wieder nach Berlin und spielt dieses Mal in dem Lokal Neu-Helgoland.

Titelfoto: Tilo Gräser

Kulturjournalismus braucht deine Hilfe!

Wer meine Arbeit unterstützen möchte, kann es via Überweisung oder Paypal tun. Herzlichen Dank!

Überweisung:

IBAN: DE85 1203 0000 1033 9733 04
Verwendungszweck: Spende

Spende via Paypal

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert