Bilder kommentieren Umbruchzeit – Künstlerkatalog zur Internationalen Ausstellung für Freiheit

Vor wenigen Wochen fand im Rahmen des Berlin Art Weekends erstmals die Internationale Ausstellung für Freiheit (IAFF) statt. Mehrere Künstler präsentierten ihre Werke, die sich mit der Corona-Politik und ihren Folgen beschäftigen. Sie lasen sich als Zeugnisse des Ausnahmezustandes verstehen, als ein Kommentar auf zweieinhalb Jahre Unterdrückung und Protest, dargestellt in Fotografieren, Bildern und Collagen. Wer die Ausstellung verpasst hat, kann sich von den Werken in dem nun erschienenen Künstlerkatalog zur IAFF einen Eindruck verschaffen. Er bündelt die wichtigsten Arbeiten und liefert kurze Begleittexte, in denen die jeweiligen Urheber vorgestellt werden.

Den knapp 50-seitigen Katalog leiten die Werke der Fotografin Sandra Doornbos ein, die wie viele der ausstellenden Künstler für die Zeitung Demokratischer Widerstand arbeitet. Die gebürtige Nordrhein-Westfälin hat mir ihrer Kamera am Rande von Demonstrationen die vermeintlichen Beobachter festgehalten. Doornbos’ Arbeiten dokumentieren ihre Reaktionen, die zwischen Wohlwollen, Ablehnung und Nachdenklichkeit changieren. Diese Gefühlsregungen zeigen sich in den Blicken der Protagonisten, die aus dem Fenster den Aufzug regungslos verfolgen oder der vorbeilaufenden Menge zuwinken.  Es sei ihr „individueller Moment der Auseinandersetzung mit der Freiheit“, heißt es im Katalog.

Staatsgewalt in Aktion

Der Fotograf Hannes Henkelmann konzentriert sich in seinen Arbeiten hingen auf die deutsche Staatsgewalt. Auf seinen Bildern sieht man überwiegend Polizisten in Aktion. Mit Maske über Mund und Nase greifen sie energisch in das Geschehen ein, halten Demonstranten fest oder diskutieren mit ihnen von Angesicht zu Angesicht. Es sind aggressionsgeladene Szenen, die ein mulmiges Gefühl hinterlassen. Die Betrachter spüren die angespannte Stimmung und fühlen die Gemütslage der abgebildeten Protagonisten. In den Augen der Demonstranten macht sich Angst und innerliche Unruhe breit, während die Polizisten mit ihrem Blicken zu verstehen geben, dass sie sich bisweilen für den Übereifer ihrer Kollegen schämen.

Mit ähnlichen Gefühlen setzt sich Burak Erbasi auseinander, ein Künstler aus München, der nicht auf das Medium der Fotografie setzt, sondern auf Acrylfarben und viel Glitzerstaub. In seinen bunten Bildern drückt er seine starke Sehnsucht nach individueller Freiheit aus, mit kräftigen und abstrakten Formen, die Wut und Ohnmacht suggerieren. Schwungvolle Linien und Farbexplosionen symbolisieren darin die unentwirrbaren „Unterdrückungsstrukturen der Macht“, nicht ohne Hoffnung zu geben. «Ausbruch» heißt seine Bilderreihe, die dazu animiert, die Welt freier zu gestalten. Aus München stammt auch die Dichterin und Künstlerin Maitri Katharina Emilia Patzak. In ihrer Bilderreihe «Fabel der grenzenlosen Fantasie» dominieren organische Formen und Farbklänge, durch die Arbeiten wie «Bluten» und «Flimmernde Kleinwesen» vital wirken. Sie stellen, heißt es in dem Künstlerkatalog, „ein Spiegelbild des nach Freiheit und Geborgenheit strebenden Innenlebens“.

„Booster“ von Clement Loisel

Weniger als abstrakte als figurative Kunst kommen die Bilder des gebürtigen Franzosen und Wahlberliners Clement Loisel daher. Sie bilden Menschen ab oder rücken Außenkameras in den Fokus, womit der Maler auf die Überwachungspolitik anspielt, die im Zuge der Corona-Krise ausgebaut wird. Auf anderen Bildern Loisels sind Menschen abgebildet, meistens verhüllt oder vermummt. «Locked Down», eine Arbeit aus dem Jahr 2020, rückt einen Mann in den Vordergrund, der sogar zwei Masken trägt. Eine überdeckt Mund und Nase, die anderen die Augen. In dem Bild liegt die Kritik an den vielen Menschen, die die Corona-Politik unhinterfragt mittragen und für Willkür, Widersprüche und Ungereimtheiten blind sind. „Clement Loisel seziert das Nervenkostüm unserer Gesellschaft“, heißt es in dem Katalog. Die allegorische Ebene, auf der der Künstler immer spielt, macht sich unter anderem in Werken wie «Die rote Linie» oder «The Fall» bemerkbar. Beide bilden fallende oder gefallene Jockeys dar. Sie stehen für eine Politik, die sich vergaloppiert hat.

Eindrückliches Zeitdokument

Nicht weniger Kritik tut sich in den Collagen Jill Sandjajas kund, wenn auch in einer expliziteren Bildersprache. Ihre Werke tragen Titel wie «Das Imperium und ihre Kinder», «Bauernaufstand» oder «What ever it takes». Abgebildet werden Monitore, Fernseher, viel Artillerie und Protagonisten der globalen Elite wie Bill Gates, RKI-Präsident Lothar Wieler, Bundeskanzler Olaf Scholz oder Klaus Schwab, seines Zeichens Chef des Weltwirtschaftsforums. Sandjajas Werke, informiert der Begleittext im Katalog, seien „Protest gegen das feiste Personal, die (sic) die menschliche Freiheit in Geiselhaft zu halten trachten“.

Der schmale Bildband ist ein eindrückliches Zeitdokument. Er konserviert nicht nur erschreckende wie erhellende Ereignisse einer Umbruchzeit, sondern demonstriert, dass es in den heißen Corona-Jahren 2020 bis 2022 durchaus auch Vertreter aus der bildenden Kunst gab, die das gesellschaftspolitische Geschehen kritisch sahen und in ihren Werken mutig Stellung dazu nahmen. Im nächsten Jahr soll die nächste Internationale Ausstellung für Freiheit stattfinden – möglicherweise mit den Arbeiten weiterer Künstler, die mit ihren Werken ebenfalls gegen den Strom schwimmen und wichtige Fragen stellen.

Katalogbestellung unter: iaffberlin@proton.me

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