18. Februar 2025

«Les Dames» – Erbauende Doku über Partnersuche am Lebensabend

Die Partnersuche gestaltet sich mit zunehmendem Alter sehr schwierig, insbesondere für Frauen, die im Leben noch etwas erleben wollen. Von ihnen erzählt der vielsagende Dokumentarfilm Les Dames aus dem Hause OVALmedia, das sich während der Corona-Krise mit Produktionen wie «Kollateral» oder «Corona.Film – Prologue» verdient gemacht hat. Als «Les Dames» 2018 entstand, war es noch eine unbeschwerte Zeit ohne staatliche Übergriffe und politische Umbrüche. Die Menschen konnten unbesorgt dem nachgehen, was sie seit jeher antreibt: die Liebe. Die fünf schweizerischen Protagonistinnen im Alter zwischen 63 und 75 Jahren suchen sie jeweils mit unterschiedlichem Eifer, wählen aber auch einen je anderen Ansatz.

Warum die Filmemacherinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond sich gerade auf Frauen konzentrieren, lässt sich aus einer der ersten Sequenzen ableiten. Die Männer in ihrem Alter seien zu passiv und träge, sagt eine der Protagonistinnen. Sie wirkten alt. Damit gibt die Dame zu verstehen, dass sie das eigene Geschlecht für aktiver hält. Wie recht sie hat, zeigt sich in den folgenden knapp 80 Minuten. Die Seniorinnen zeigen sich als unternehmungsfreudig und neugierig. Sie probieren sich aus und suchen die Geselligkeit. Stéphanie Chuat und Véronique Reymond begleiten sie in Tanzlokale oder in den Wald zur Jagd. Während eine der Protagonistinnen bei derlei Freizeitgestaltung sich der Männerwelt nähert, hält sich eine andere zurück und bemüht sich eher, ihre Höhenangst zu überwinden. Die Frauen sind ständig in Aktion zu sehen, ob sie nun offensiv das Glück herausfordern oder passiv in Erinnerungen schwelgen.

Emotional und philosophisch

Die Westschweizer Dokumentation kommt ganz ohne eine Erzähler-Instanz aus. Es gibt keine Kommentare und auch keine anderen Erläuterungen. Die Protagonistinnen werden nicht einmal namentlich vorgestellt. Im Mittelpunkt steht das jeweilige Naturell der Protagonistinnen. Die Zuschauer müssen sich selber ein Bild machen und werden es im Laufe des Films nicht schwer haben, die Unterschiede feststellen – zumal das Regie-Duo Szenen festhält, die für sich sprechen. Bisweilen fallen sie sehr emotional und berührend aus, oftmals sogar philosophisch. Es geht dabei um Themen wie Einsamkeit und Mut, um Träume und Herausforderungen oder um die Frage, worin sich Alter ausdrückt und ob es im hohen Lebensstadium so etwas wie Liebe gibt.

Freizeitaktivität: Vögel beobachten / Screenshot

Eine der Protagonistinnen findet sie tatsächlich. Geradezu euphorisch spricht sie über ihr wiederentflammtes Sexleben, über Gefühle, die sie zuvor für nicht existent hielt. Die neue Lebensfreude spiegelt sich in ihren Gesichtszügen. Jede Geste ist ein Zeugnis, dass Liebe selbst im hohen Alter vitalisierend wirkt. Allerdings gelingt es nicht allen Damen, diese Erfahrung zu machen. Eine von ihnen geht zwar oft mit Männern aus und genießt diese Treffen, wünscht sich aber auch nicht mehr. Manchmal ist es aber auch das tiefe Interesse an der Person, das fehlt. Die Erfahrung macht eine andere Protagonistin. Sie beobachtet, dass Männer in ihr lediglich ein Sexobjekt sehen, sie attraktiv finden, aber ihr Wesen ausblenden.

Soziologischer Blick

Einer anderen Dame reicht es hingegen aus, Komplimente zu erhalten. Die Männer seien schmeichlerischer, sagt sie. Frauen täten sich da sehr schwer. In solchen kleinen Momenten liegt die Kraft dieses Filmes, der nicht nur die Gefühlswelt der Senioren ergründet, sondern sogar Erkenntnisse über geschlechterspezifisches Verhalten zutage fördert. Es ist ein geradezu soziologischer Blick, mit dem die beiden Regisseurinnen die Damen betrachten. Er veranschaulicht, wie sich bestimmte Phänomene kaum und andere dafür total verändert haben – so wie die Partnersuche per Annonce zum Beispiel. Heute findet sie ausschließlich online statt. Der Film konserviert aber noch ein Übergangsstadium, als vor allem Senioren ihr Glück über das Medium der Zeitung suchten, zugleich aber erste Erfahrungen mit entsprechenden Online-Plattformen machten.

OVALmedia bietet diesen Film derzeit sowohl Kinos als auch Veranstaltern an, wahlweise in der französischen Originalfassung oder in der deutschen Version. Wer wieder in eine nicht-politisierte Welt mit Wohlfühlcharakter eintauchen möchte, sollte sich wünschen, dass zumindest einige Einrichtungen auf das Angebot eingehen. Die Dokumentation vermittelt die Wirklichkeit auf so empathische wie optimistische Weise, dass man dem Lebensabend gelassen entgegensehen kann. Die inneren Konflikte, so der Subtext, werden nie aufhören, aber sie führen selbst im hohen Alter zu neuen Glücksmomenten und tiefen Erkenntnissen.

Titelbild: Screenshot

Kulturjournalismus braucht deine Hilfe!

Wer meine Arbeit unterstützen möchte, kann es via Überweisung oder Paypal tun. Herzlichen Dank!

Überweisung:

IBAN: DE85 1203 0000 1033 9733 04
Verwendungszweck: Spende

Spende via Paypal

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert