Angelika Gigauri: Zeichnungen zur Corona-Krise

Die Corona-Politik hat einen enormen sozialen Schaden angerichtet. Sie hat die Gesellschaft gespalten und das Vertrauen in ihre wichtigsten Institutionen untergraben. Doch es gibt auch eine positive Seite. Nur selten zuvor hat eine Krise so viele Kreativitätsimpulse gesetzt. In ihrem dramatischen Verlauf sind nicht nur Wohltätigkeitsinitiativen, gemeinnützige Vereine und Aufklärungsplattformen entstanden, sondern auch neue Künstler hervorgetreten, die sich kritisch mit den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen auseinandersetzen.

Am lautstärksten äußern sich noch immer die Musiker. Sie hört man auf Demonstrationen, in sämtlichen Social-Media-Kanälen und bisweilen aus den Boxen vorbeifahrender Autos. Wer aber eher die leisen Töne mag, wird in der bildenden Kunst ebenfalls findig. Eines der interessantesten Projekte in diesem Bereich sind die Zeichnungen von Angelika Gigauri. In ihnen hat die Künstlerin aus Kulmbach in Bayern ein Jahr Corona zusammengefasst und sich Themen angenommen, die alle Menschen in der einen oder anderen Form beschäftigen. Abgebildet ist immer ein Kopf mit einem Virus als Krone. Dieses Motiv variiert die Künstlerin, indem sie das Haupt mit verschiedenen Gedanken füllt.

Als der erste Lockdown im März 2020 beschlossen wurde, hatte Gigauri das Gefühl, darauf künstlerisch reagieren zu müssen. Doch wie? Sie überlegte und beschloss, an ihr vorheriges Projekt anzuknüpfen. Die Künstlerin hatte sich lange Zeit mit Machtverhältnissen beschäftigt und diese anhand einer Serie von menschlichen Köpfen darzustellen versucht. Schnell kam ihr der Gedanke, auf solche Häupter das Virus als Krone zu setzen. Malte Gigauri vorher überwiegend mit Pflanzenfarben, griff sie nun zu einem Pigmenttuschestift und zeichnete auf einem relativ kleinen Format (24 x 24 cm) ein Bild, auf dem ein lichter Weg durch den Kopf in die Weite führt.

Themen wie Spaltung, Angst oder Medienmanipulation

Es trägt den Titel «Perspektiven und Ziele sind für die Zukunft wichtig» und drückt Gedanken aus, die sie kurz vor dem Lockdown aus einem Seminar als aufbauende Vorstellungen mit nach Hause nehmen konnte. Trotz der desolaten Situation müsse man nach vorne schauen, lautet die Botschaft des Bildes. Daraus war eine Serie entstanden, auf die wiederum weitere folgten. In ihnen verarbeitete Gigauri Themen wie Spaltung, Medienmanipulation, Angst oder Politlügen. Eines der Bilder stellt beispielsweise den Kopf Jens Spahns dar, auf dessen Stirn seine wohl berühmteste Aussage steht: „Man würde mit dem Wissen heute, das kann ich Ihnen sagen, keine Friseure mehr schließen und keinen Einzelhandel mehr schließen.“ Kurze Zeit später kam bekanntlich der zweite Lockdown. Spahns Worte hatten sich genauso als Lufthülsen erwiesen wie sein Versprechen, dass es in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben werde. Zwei Pinocchio-Figuren rechts und links vom Kopf unterstreichen das.

Die Ideen für solche Zeichnungen entstünden auf Wahrnehmungen des momentanen Zeitgeschehens oder auf Beobachtungen, sagt Gigauri. Aus der Idee entwickle sich eine Vorstellung zu einem Bild, wobei dieses mit der Zeit genauso immer konkreter wird wie der Gedanke. Mal versprüht er Hoffnung, mal verweist er auf die unschönen Aspekte der Krise – so wie in «Gefangen im Corona-Wahn». Das Bild zeigt einen Kopf mit aufgerissenen, ängstlichen Augen. Mund und Nase sind mit einem weißen Tuch verbunden, so straff, dass es eher als Strafe wirkt als eine Schutzmaßnahme. Auf einem anderen ist eine Schultüte zu sehen, die wie eine Maske vor dem Gesicht hängt. «Einschulung – gespaltenes Kinderglück», so der Titel.

Gigauri liegt es am Herzen, die Menschen zu erreichen. „Ich freue mich, wenn sie sich Gedanken über die Bilder machen“, sagt sie. „Ich möchte nicht belehren, sondern einen Freiraum lassen. Ihre schwarz-weißen Bilder transportierten Befindlichkeiten, über die die Menschen hoffentlich in einen Austausch kämen, so die Künstlerin. Von März bis März sind genau 49 Werke entstanden. Gigauri versteht sie als Zeitdokument. Einige der Bilder stellt sie im DIN-A-1-Format jeden Mittwoch bei der Mahnwache am Potsdamer Platz in Berlin aus. Bald sollen die Zeichnungen sogar in einem Buch zusammengefasst werden.

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