«Horus» – Das erste offizielle Album des Rappers Äon

Der derzeit in Wien lebende Rapper Äon hat in diesem Monat sein erstes offizielles Album veröffentlicht. Darin widmet er sich spirituellen Themen, beschwört die Kraft des Kollektivs und kritisiert das Profitstreben in der Gesellschaft. Im Interview mit kultur-zentner.de hat der 29-jährige Independent-Künstler über seinen musikalischen Werdegang sowie die Schwierigkeiten bei der Albumsproduktion gesprochen und verraten, was für ihn guten Rap ausmacht.

Äon, du hast dein erstes offizielles Album veröffentlicht. Wie fühlt sich das an?

Fantastisch, um es in einem Wort zu sagen. Es fühlt sich an, als ob mich Horus auf der Bildfläche hat erscheinen lassen. Besonders der Faktor, dass das Album in einem Shop erhältlich ist, macht einen riesigen Unterschied. Die früheren Mixtapes oder Alben sind alle gegen Spende nach draußen gegangen oder kostenlos auf Youtube erschienen. Für mich galt es, den nächsten Schritt zu machen. Sonst wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis ich meinen musikalischen Output irgendwann hätte stark drosseln müssen. Mit «Horus» habe ich diesen Schritt nun gemacht.  

Du hast das Album nach dem altägyptischen Lichtgott «Horus» benannt. Wieso hast du dich für diese Bezeichnung entschieden?

Der Name entstand intuitiv. Ich stand in meinem Zimmer und hatte auf einmal eine Art Eingebung und war mir sofort sicher, dass «Horus» der richtige Name für das Album ist. «Horus» verbindet für mich altes Wissen mit der zeitlosen und momentan sehr benötigten Licht-Energie. Das Album steht hier als Übermittler für diese Energie.

Wenn man das Album hört, fällt auf, das Spiritualität in deinen Songs eine große Rolle spielt. Woran liegt das?

Seit meiner Jugend ist das Thema Spiritualität durch mein Elternhaus in meinem Leben fest verankert. Ich möchte betonen das die genannte Spiritualität keinen religiösen Kontext hat. Es geht mehr um den intuitiven Umgang mit dem, was unsichtbar ist. Wir haben alle eine rationale Seite, die durch den Verstand beschrieben werden kann, und eine emotionale Seite, die Dinge schon ahnen kann, bevor sie passieren. Nach meiner Beobachtung fehlt bei vielen Menschen die Balance, da unsere Gesellschaft rein auf dem Verstand aufgebaut ist.

In den Songs sind aber auch immer wieder gesellschaftskritische Töne zu vernehmen. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Kommerzialisierung und das Profitstreben. Oft wird der Wunsch nach einer Veränderung des Systems laut. Wie könnte eine solche Veränderung aussehen?

Solche Sätze sind natürlich sehr pauschal, da man in Songs natürlich nicht die Zeit hat, gewisse Punkte angemessen auszuführen. Wenn ich aus dem Stehgreif drei Dinge sagen müsste, wären es wohl zunächst die Abschaffung von Zentralnotenbanken, die Geld aus dem Nichts schaffen und es mit Zinsen ohne realen Gegenwert verleihen können. Zweitens müsste die Energieversorgung verstaatlicht werden. Meiner Meinung nach ist es ein Unding, dass die Grundversorgung zum Großteil in private Hände gegeben wurde. Und schließlich müsste das Bildungssystem reformiert werden. Das wäre der äußere Ansatz. Im inneren der Menschen müsste sich aber mindestens genau so viel tun. Das würde jetzt aber den Rahmen sprengen.

Um Veränderungen geht es auch in dem Song «Wir», der die Kraft des Kollektivs beschwört. Was macht das Kollektiv so besonders? 

Dafür möchte ich auf eine Zen-Geschichte verweisen mit dem Titel «Wie viel wiegt eine Schneeflocke?» Die kann man leicht googlen.

Der erste Track auf dem Album heißt «Horizont». Im Booklet bezeichnest du ihn als Liebeserklärung an deinen musikalischen Werdegang. Wie sah dieser Werdegang aus?

Von meinem illegal ersparten Kapital habe ich mir mit 19 in meiner ersten eigenen Wohnung ein Studio gebaut. Ein paar Jahre später gründete ich dann das Label AUM Records, was ich dann wiederum schließen musste, weil ich mich energetisch komplett übernommen hatte. Aber bis heute verbindet mich immer noch eine Seelenbande mit den damaligen Artists aus dem Label.  Nach dieser Zeit ging ich nach Wien, wo ich bis heute mit meiner Lebensgefährtin Morgaine zusammenlebe. Das ist die absolute Kurzfassung. Es war auf jeden Fall eine sehr bewegte Karriere bis dato.

Wie lange hast du an dem Album gearbeitet? Mit welchen Schwierigkeiten hattest du am meisten zu kämpfen gehabt?

Das kann ich in eins, zwei Sätzen gar nicht beantworten. 70 bis 80% der Songs standen schon seit zwei, drei Jahren. Ich habe nur nach dem richtigen Zeitpunkt gesucht, sie zu veröffentlichen. Zufälligerweise ist es sich genau zu dem Zeitpunkt ausgegangen, an dem das neue ÄON des Wassermanns begonnen hat, am 21. Dezember. Vom Schreiben her war es am schwierigsten, alte bereits angefangene Lieder zu Ende zu schreiben, weil sich das Gefühl zu einem Beat über so lange Zeit natürlich verändert.

Ich frage das deswegen, weil das Album auch einen Track enthält, der sich mit dem Handwerk eines Rappers beschäftigt. Was unterscheidet für dich guten Rap von schlechtem Rap? 

Er muss flowen und Atmosphäre erzeugen. Das heißt, es sollte eine gewisse Silbenanzahl pro Zeile gegeben sein, und die Aussprache sollte sich nicht wie eine Universitätsvorlesung anhören. Eine Message sollte ein Song auch haben. Leeres Gesabbel über Materielles, Drogen und Sex kann mal Spaß machen zu hören, bietet aber keinen Mehrwert und ist in der Masse unzumutbar.

Diese Kriterien beherzigst du sicherlich auch bei deiner eigenen Arbeit. Wie kommt dein Rap an – wie sieht die Resonanz bisher aus?

Grandios. Mich haben lange Lobeshymnen und Danksagungen erreicht. Das hat mich natürlich sehr berührt und gefreut, weil man vor Torschluss und Abgabe immer nochmal kalte Füße bekommt. Auf Youtube und Spotify sind die Zahlen auch schön am Wachsen. Jetzt gilt es, weiter dran zu bleiben und zu hoffen, dass irgendwann mal ein Song durch die Decke geht.

Wie soll es für dich weitergehen? Möchtest du weiterhin unabhängig bleiben oder strebst du einen Plattenvertrag mit einem Label an?

Es hat sich nichts an meiner Grundeinstellung geändert. Eine Labelstruktur ist beinahe schon veraltet in diesen Zeiten. Ich werde mich immer danach richten, das zu machen, womit ich den größten Mehrwert schaffen kann. Wenn das passende Angebot mit den richtigen Leuten kommt, will ich nichts ausschließen. Ich werde mich aber niemals in irgendeine Schablone pressen lassen.

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