«Die Dame mit der bemalten Hand» – Ein historischer Roman über ein ungewöhnliches Treffen

„Meister Musa blickte hinauf in die blaue Wölbung des Baldachins und in den Dampf, der den Kopf des Kunden umschwebte. Viele Gewänder trug dieser Kunde, eines über dem anderen, eine Jadespange im Turban, in den Ohren Rubine, und strahlte viel Frohsinn aus.“ Solche Sätze machen auf den ersten Seiten deutlich, dass die Welt, die Christine Wunnicke in ihrem neuen Roman «Die Dame mit der bemalten Hand» entfaltet, historisch weit zurückliegt. 

Tatsächlich spielt die Geschichte im Jahr 1764, als der besagte Meister Musa, ein persischer Astrolabienbauer aus Jaipur, auf der indischen Insel Elephanta strandet, nachdem er eigentlich Mekka angesteuert hatte. Das gleiche Schicksal ereilt den Forschungsreisenden Carsten Niebuhr aus dem Bremischen, der nach Arabien aufgebrochen war. Die zwei unterschiedlichen Männer treffen sich an diesem exotischen Ort voller Schlangen und Ziegen und versuchen, die Zeit bis zu ihrer Rettung mit Gesprächen über allerlei Themen zu verkürzen. 

Doch die Kommunikation verläuft nicht ganz ohne Reibung. Beide sprechen nur leidlich Arabisch und haben einen jeweils anderen kulturellen Hintergrund, der nach und nach zu ostwestlichen Missverständnissen führt. Diese zeigen sich auch dort, wo der Forscher und der Meister Sternbilder beschreiben: „Ihr seht das ganze Weibsbild in den paar Sternen. Wir sehen dort nur ihre bemalte Hand“. Auf diese unterschiedliche Sichtweise der beiden Männer, die den Orient und den Okzident repräsentieren, spielt Christines Wunnickes historischer Roman bereits im Titel an. 

Trotz der interessanten Idee, die kulturellen Unterschiede anhand eines solchen ungewöhnlichen Treffens zu skizzieren, bleiben sowohl die äußeren als auch die inneren Konflikte der Figuren weitestgehend unspektakulär. Der Handlung fehlt es ein wenig an Spannung, auch weil die Autorin sich zu sehr darauf konzentriert, die mittlerweile verschüttete Welt jener Zeit stimmungsvoll aufleben zu lassen. Das aber gelingt ihr sehr gut: Mit detaillierter Beschreibung von Gegenständen, Kleidung und Situationen erzeugt sie eine authentische Atmosphäre, die es den Lesern leicht macht, sich die Lebensbedingungen vor mehr als 200 Jahren vorzustellen.

Wer in der Geschichte bewandert ist, wird an dem historischen Roman seine Freude haben. Wem die nötigen Kenntnisse fehlen, bekommt die Möglichkeit, sein Wissen zu erweitern. Man lernt nicht nur, was ein Mauerquadrant, ein Okular oder Tubus ist, sondern macht auch spannende Entdeckungen auf dem Gebiet der Astrologie. 

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