«Michael Kohlhaas» – Aus Rechtschaffenheit zum Terroristen

«Michael Kohlhaas» gehört zu den meistbeachteten Werken der Weltliteratur. Heinrich von Kleists Novelle, in der ein Pferdehändler aus starkem Rechtsbewusstsein zum Terroristen wird, bleibt stets aktuell. Gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise können viele Bürger den inneren Konflikt dieser Figur gut nachempfinden. Wenn die Staatsmacht zunehmend totalitäre Züge zeigt und das Bundesverfassungsgericht nur die Demonstrationen regierungskritischer Menschen verbietet, macht sich der Instinkt bemerkbar, der das Schicksal von Michael Kohlhaas bestimmt. 

Vor knapp sechs Jahren hat der französische Regisseur Arnaud des Pallières die Geschichte dieses tollkühnen Mannes verfilmt, indem er sich überwiegend an das literarische Original hielt. Zu sehen ist dieses aktionreiche Drama auf der Streaming-Plattform PantaRay. Noch einmal zur Erinnerung: Im 16. Jahrhundert, heißt es in Kleists Novelle, begibt sich Michael Kohlhaas auf den Weg zu einem Markt, wo er seine Pferde verkaufen möchte. Allerdings werden sie ihm wegen eines fehlenden Passierscheins abgenommen, noch bevor er am Zielort ankommt. 

Als der Händler seine Tiere wiederbekommt, erkennt er sie kaum wieder: Die Pferde machen einen geschundenen Eindruck, weisen Verletzungen auf und sehen abgemagert aus. Kohlhaas schaltet einen Anwalt ein, stellt aber schnell fest, dass der Prozess ungerecht verläuft. Also greift er zur Selbstjustiz und beginnt aus Rache einen Kampf gegen die Obrigkeit, der nach und nach außer Kontrolle gerät. In dem Film herrscht von Beginn an eine düstere Stimmung. Das weitgehend abgedunkelte Setting schafft eine Atmosphäre, über der das Unheil schwebt. Dazu trägt auch das intensive Spiel von Mads Mikkelsen bei. 

Zwischen Ruhe und unbändiger Energie

Der dänische Darsteller hat spätestens mit seiner Rolle als Dr. Hannibal Lecter gezeigt, dass er in der Lage ist, extreme Charaktere zu verkörpern. Sein Michael Kohlhaas changiert zwischen Beherrschtheit und unbändiger Energie. In dem stets gequälten Gesichtsausdruck schimmern die inneren Schmerzen durch, die ihn zum Äußersten treiben. Nach der Hälfte des Filmes verwandelt sich dieses Leid in grenzenlose Gewalt. Es wird gemordet und gebrandschatzt. 

Dass Michael Kohlhaas am Ende selber rechtswidrig handelt, ist die Pointe dieser Geschichte. Als Zuschauer bleibt man fassungslos zurück, so sehr rührt sie an den Gerechtigkeitssinn eines jeden rechtschaffenen Menschen. Es ist unerträglich mit anzusehen, wie sich die Obrigkeit über das Gesetz hinwegsetzt und zu perfiden Mitteln greift, um die eigene Macht zu sichern. Es ist unfassbar, was ein derartiges Verhalten mit den Opfern macht. Es ist geradezu schockierend, was Ungerechtigkeit anrichten kann, wie sie sich fortpflanzt und Leben zerstört. 

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