Abend mit Lesung und Musik – «Die Ungezähmten» kommen nach Berlin

Am 24. November kommen «Die Ungezähmten» in die Hauptstadt. Unter diesem Titel tritt eine mehrköpfige Truppe aus Autoren, Liedermachern und Aktivisten auf, die gegen den Strom schwimmen, für ihre Meinung diffamiert werden, die sie sich aber auch nicht nehmen lassen. Ihren Standpunkt zur Corona-, Klima- oder Kriegspolitik vertreten sie in der Öffentlichkeit so selbstbewusst wie offensiv und konservieren sie ihn ihren Werken, die Teil des Programms sind. Die erste Veranstaltung fand vor wenigen Monaten im Chemnitzer Kabarett statt. Am 24. November treten «Die Ungezähmten» im Berliner Zimmer 16 auf, einer Kleinkunstbühne für Poesie und Musik. Mitstreiterin und Organisatorin der Truppe ist die Schriftstellerin und Publizistin Tanja Krienen. Im Interview mit kultur-zentner.de spricht sie darüber, was die Gäste erwartet, beschreibt die Resonanz nach dem ersten Auftritt und verrät, warum die Grünen immer wieder zur Zielscheibe ihrer Kritik werden.

Tanja Krienen, in wenigen Tagen findet in Berlin die bereits zweite Veranstaltung der «Ungezähmten» statt. Du hast dieses Projekt ins Leben gerufen. Verrate uns doch bitte: Wer sind die Ungezähmten? Was macht sie aus?

Es ist eine Gruppe von Musikern und Autoren, die sich eigenwillig und selbstdenkend einer gewöhnlichen Kategorie entziehen, dabei sich selbst treu bleiben und dies trotz Forderungen von Partei, Staat oder Gesellschaft auch weiterhin vorne an der Rampe vertreten. Die UNGEZÄHMTEN werden nur durch eine lose Klammer zusammengehalten, darauf basiert das Prinzip, und ansonsten sind sie so, wie ich es einmal beschrieb: Einige lassen sich nicht brechen und stechen zurück. Doch nicht zu spitz, sonst würden sie abbrechen, wie uns der ehedem große Dichter rät. Klug und listig also sei der Plan gegen Krieg, Hass, Inflation und Experimente. Bleibt man als Mensch natürlich, unverstellt und lässt ich nicht korrumpieren. Wird daraus ein Unangepasster, ein ungezähmtes Individuum gleich jener Wesen, die, wie viele Tiere, in sich ruhen. Die Autonomie dieser Menschen schätzen wir oft, wenn sie beharrlich NEIN sagen, wo alle ein JA erwarten oder Ja, wenn ein NEIN gefordert wird. Sie erobern sich ihre Freiheiten und haben die Zeiten – trotz des Leidens an ihnen – gut überstanden. Sie sind bis hierhin durchgekommen und werden weitermachen. Immer weitermachen.

Wie findet so ein Abend mit den Ungezähmten statt? Was machen sie, wenn sie die Bühne betreten?

Sie liefern ab, was sie können. Die Profis unter ihnen das erlernte Handwerk, die Halbprofis ihre angelernten Übungen und die «Geniale Dilettanten» ihre natürliche Kunst, besser zu sein als bezahlte Staatskünstler, Fernseh-Söldner und Machtclaqueure der Herrschenden im offiziösen Medienbetrieb.

Wie ist die Idee zu diesem Projekt entstanden?

Zuerst war die Realität, dann die Idee. Die Realität in Form des Kaufs einer Wohnung in Chemnitz. Die Idee, nachdem ich nach Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort in Form einer Beteiligung am kulturellen Leben gesucht hatte. Als notorischer Eigenbrötlerin in Fragen des Publizierens kam mir der Gedanke, doch einmal an einem geeigneten Ort aus eigenen Werken zu lesen. Öffentlich hatte ich dies schon mehrfach allein getan, aber auch mit anderen. Zum Beispiel habe ich ein Nietzsche-Programm zu dessen 100. Todestag mehrfach auf die Bühne gebracht. Doch so sehr ich auch gern allein werkele, so viel besser gefällt es mir, die spielerische Verantwortung mit anderen zu teilen.

So fragte ich zwecks eines gemeinsamen Auftritts den mir seit Jahren bekannten Parteirebellen Bernd Rump, der aus meiner Sicht die beste je geschriebene biographische DDR-Rückschau vorlegte. Dann den aus meinem Kreis stammenden Kriminalisten und von den Grünen Abfallenden Manfred Such, seines Zeichens Ex-MdB der Partei. Und beide fanden die Idee vorzüglich. Doch fehlten noch aktuelle Leute mit Lokalkolorit, und da entdeckte ich zwei Glücksfälle – nämlich Yann Song King, von dem man noch viel hören wird, und Oliver Niemzig. Es passte. Und natürlich musste der Vortragsort ambitioniert und prominent sein.

Autorin Tanja Krienen

Die erste Aufführung fand im Chemnitzer Kabarett statt? Wie ist die Veranstaltung angekommen? Welche Erfahrungen habt ihr im Vorfeld und danach gemacht?

„Idee wird Macht, das fühlte das Gelichter“, schrieb schon Tucholsky, und so waren die Kollegen Genossen schnell skeptisch und beäugten alles kritisch, sparten auch nicht mit grotesken Anwürfen aus der klandestin agierenden Antifa-Ecke. Die Veranstaltung lief gut, zu gut wohl, denn plötzlich waren sämtliche Aufzeichnungen pulverisiert, will sagen: nicht verwendbar. Auch darum sind wir jetzt in Berlin ungezogen respektive ungezähmt.

Du selber fungierst am Abend nicht nur als Moderatorin, sondern liest auch aus deinen eigenen Büchern vor. Welche Werke nimmst du dir dieses Mal vor? Und worum wird es den Passagen gehen?

Wie immer aus meiner Satire «Schönes Grün – 2022», die ich 2007 schrieb und dabei fast alles vorwegnahm, was heute das grüne Grauen ausmacht. Und besonders aus dem 2016 erschienenen Buch «Das Ziel in weiter Ferne», aber es gibt auch mehrere Texte aus der Zeit der Corona-Hysterie. Im Prinzip ist es aber tendenziell eine Wiederholung des Chemnitzer Programms – zumindest von meiner Seite aus. Da alle aber letztlich frei sind in der Gestaltung der ihnen zugedachten Zeit, weiß ich nicht im Detail, was die anderen bringen.

Die Grünen kommen bei dir nicht gut weg. Was stört dich an dieser Partei?

Für einen historischen Moment, das war nach meinem DKP-Austritt 1982, erschienen sie mir als eine janusköpfige Hoffnung, aber tatsächlich war es Yin Yan in kitschig süßlich grinsender Manier, eine Verschlimmbesserung auf allen Gebieten, wie sich ein Jahr später nach ihrem ersten Einzug in den Bundestag zeigte: autokratisch, irrational, das äußerste denkbare Übel wollend – was selbst zum kleinsten Teil verwirklicht, die ganze Menschheit ins Verderben stürzte. Frei nach Brecht. Weil: „Das Unrecht geht heute einher mit sicherem Schritt. Die Unterdrücker richten sich ein auf zehntausend Jahre. Die Gewalt versichert: So, wie es ist, bleibt es. Keine Stimme ertönt, außer der Stimme der Herrschenden. Und auf den Märkten sagt die Ausbeutung laut: Jetzt beginne ich erst.“

Mit Karl Lauterbach gehst du auch nicht gerade pfleglich um. Was hat der heutige Bundesgesundheitsminister falsch gemacht?

Ich gehe mit ihm erheblich freundlicher um als er mit uns. Auch machte er nichts, was ich nicht erwartete. Er entspricht jedoch dem transvestitischen Geist, der sich äußerlich der Wissenschaft bemächtigte, um nach innen voluntaristisch zu masturbieren. Seit sechs Jahren bin ich Moderatorin einer Musiksendung beim Internetradio XY. Dort sagte ich im Mai 2022 in der Sendung «Corona. War da was? War es das?» das Folgende zu Karl Klabauterbach: „Seine erworbenen Titel sind kaum zu durchschauen. Da gibt es einen Doktortitel, aber keine Pflichtzeit um ihn zu führen, eine Professur als Adjunct Professor, also als Adjutant, will sagen Gehilfen, und dann gibt es da noch den ömikronösen Master of Public Health, der nichts ist als ein Aufbaustudium und in dem er auch etwas über Epidemien hörte. Das ist so, als wenn ich, die auch innerhalb meiner pädagogischen Ausbildung in Recht unterrichtet wurde, behaupten würde, ich sei eine Juristin. Egal. Titel sind zum Protzen. Da und darum hat er ihn ja.“

Werden die «Ungezähmten» in der gleichen Besetzung auftreten wie in Chemnitz?

Einer kann momentan nicht weitermachen: Der Älteste aus der Gruppe, der vor Weihnachten seinen 80. Geburtstag feiernde Manfred Such, muss am 24. November leider passen. In Dänemark wohnend, hatte er zunehmend die in Deutschland geltenden Gesetze als krankmachend bezeichnet. Und zuletzt haben sie ihn selbst mürbe gemacht. Auch die Lockerungen können manche Risse auf der Seele nicht mehr umgehend kitten. Ersatz war für ihn so schnell nicht zu beschaffen, zumal er auch nicht wirklich zu ersetzen ist. Aber auch der Neue, Franns Baron von Promnitz, der sowieso schon vorher mit im Boot saß, dürfte für viele Freunde perfekter Kunst ein Highlight darstellen.

Wie sehen die Zukunftspläne für die «Ungezähmten» aus? Wird es weitere Veranstaltungen geben? Kommen andere Künstler hinzu?

„Gern und gerner“, um mit Nietzsche zu antworten. Von mir aus könnten wir mit wachsendem Zuspruch bis zum Umfallen durch das Land ziehen und am Ende mithelfen, dass diese volksfeindl… (lacht). Ernsthaft: Es wird sich zeigen, und es wäre schön, wenn sich überall UNGEZÄHMTE angesprochen und ihren Spin mit uns gut aufgehoben fühlten. Solange die Verhältnisse sind, wie sie sind, wächst der ungezähmte Nachwuchs wie von selbst nach.

Zur Person: Geboren 1957 in Hagen/Westfalen, gelernte Energieanlagenelektronikerin, sowie “Staatlich anerkannte Erzieherin”. Seit 1998 aktiv als Autorin und Publizistin.

Veröffentlichungen unter anderem in und auf „taz“, „Spiegel-online (Eines Tages)“, „Huffington Post“, „Hessisch-Niedersächsische-Allgemeine“, „Neue Rheinische Zeitung“. Auswahl der Veröffentlichungen: „Die Ausbürgerung, Anfang vom Ende der DDR, Wolf Biermann und andere Autoren“ (2001), „Schönes Grün – 2022 – die nicht überleben wollen“ (2007), Mitarbeit an „Georg Kreisler: Doch gefunden hat man mich nicht“ (2014), „Fackeln in der Dämmerung – Texte aus vier Jahrzehnten“(2015), „Das Ziel in weiter Ferne“ (2018)

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