Momentan sind Gastronomie, Einzelhandel und Friseure offen. Noch lässt sich das Leben genießen, wenn auch stark eingeschränkt. Viele Menschen wissen das aber zu schätzen, weil sie sich gut an die Lockdownzeit erinnern können. Im März 2020 wurde das soziale Leben komplett heruntergefahren. Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren und Zoom-Meetings prägten den Alltag. Um diese Phase geht es auch in dem neuen Film «Lockdown Movie», der auf der Streaming-Plattform PantaRay zu sehen ist.
Gedreht haben ihn Kevin Schmutzler und sein Bruder Toby, der auch den Protagonisten Simon mimt. Und den hat es hart erwischt: Der Film-Praktikant mit großen Ambitionen steckt wegen des Lockdowns im Büro seiner Produktionsfirma fest. Die Abriegelung ist absolut, keiner darf die Quarantäne verlassen, womit die Macher ein wenig von der Realität abweichen. Für Simon gleicht ein Tag dem anderen. Sehr früh stellt sich das Gefühl ein, in einer Endlosschleife gefangen zu sein.
Verweise auf andere Filme
Jeden Morgen skatet er auf dem Stativ, zieht sich dann einen Kaffee, spielt Tischtennis gegen sich selbst und nutzt die triste Zeit, um einen «Lockdown Movie» zu drehen. Zwischendurch ruft immer seine Freundin Nicole (Louisa Dellert) an, die als Medizinstudentin an der Corona-Front mitarbeitet. Diese Unterhaltungen sind bisweilen kürzer als die mit einem Büro-Stofftier, womit der Film nicht nur den Klassiker «Und täglich grüßt das Murmeltier» zitiert, sondern auch Robert Zemeckis’ Drama «Cast Away – Verschollen», in dem Tom Hanks als gestrandeter Einsiedler auf einer Südseeinsel mit einem Volleyball spricht.
Diese verspielte Referentialität macht den Film aus. Sie gibt ihm eine besondere Note und zeigt sich in verschiedenen Formen. Anspielungen finden sich beispielsweise auf die vor einem Jahr belächelte Praxis, aus Angst vor einem kompletten Lockdwon Lebensmittel zu hamstern. Mit ihnen deckt sich der Protagonist genauso ein wie mit Klopapier, das im Frühling 2020 ebenfalls hoch im Kurs stand. «Lockdown Movie» weist aber auch eine gewisse Selbstreferentialität auf, indem er auf einer Metaebene die eigenen Entstehungsbedingungen mitreflektiert und die Handlung so verschachtelt, dass sich mehrere Ebenen eines Films im Film herausbilden.
Zwischen Thriller und Komödie
Eines Tages entdeckt Simon bei einer nächtlichen Suche nach Klopapier eine laufende Kamera. Es sieht so aus, als drehte hier noch jemand einen Film. Als der Protagonist diesem Rätsel nachzugehen versucht, stößt er auf immer mehr Ungereimtheiten. Alles wirkt, als wäre es von äußeren Mächten inszeniert. Simon kommt sich vor wie in der «Truman-Show» mit Jim Carrey. Die Situation wird immer übersichtlicher, zumal er zunehmend auf mysteriöse Zettel stößt, mit denen der Film die Brücke zu Christopher Nolans «Memento» schlägt.
Die beiden Regisseure schaffen es mit recht einfachen Mitteln, die Spannung oben zu halten. Der Film bleibt bis zum Schluss unberechenbar. Er überrascht mit mehreren Wendepunkten und einer Tonalität, die zwischen Ernsthaftigkeit und Komik changiert. Was den Lockdown betrifft, so ist weder eine kritische noch eine konforme Haltung zu erkennen. Die Schmutzler-Brüder nutzen ihn vielmehr als Rahmen, um eine packende Story zu erzählen. Das ist ihnen durchaus gelungen.