Die Filmindustrie hinkt den realen Ereignissen oftmals hinterher. Das gilt insbesondere für die Corona-Krise. Angesichts der rasanten Entwicklung kann es auch gar nicht anders sein. Während man derzeit bereits über eine Impfpflicht nachdenkt, wird in Filmen noch der erste Lockdown verarbeitet. Meistens dient er als Grundgerüst, um eine Geschichte zu erzählen, deren Hauptkonflikt der Ausgangssperre entspringt. So auch in der Beziehungskomödie «Lockdown mit Hindernissen», die nun beim Streaming-Dienst PantaRay zu sehen ist. In dem 90-minütigen US-Streifen trennen sich Leah (Alison G. Vingiano) und Nick (Ben Coleman) just in dem Moment, als die Pandemie ausgerufen wird.
Was in normalen Zeiten kein Problem darstellt, wird im Lockdown zu einem schwierigen Unterfangen. Da das Apartment Leah gehört, müsste Nick ausziehen, kann es jedoch nicht, weil es entweder an dem angeordneten Social Distancing oder am Geld scheitert, zumal der freischaffende Schauspieler pandemiebedingt nicht mehr zum Vorsprechen eingeladen wird. Später ereilt Leah ein ähnliches Schicksal, weil ihr Unternehmen finanziell unter Druck gerät und sie in Folge des wirtschaftlichen Einbruchs entlässt. Als weitaus belastender erweist sich jedoch die Zweisamkeit. Die Protagonisten verbringen viel mehr Zeit miteinander, als ihnen lieb ist. Die Reibereien steigern sich von Tag zu Tag, bis die Bombe endlich platzt.
Authentische Darstellung der Lockdown-Bedingungen
Für Spannung sorgt zusätzlich, dass Leah über ein Dating-Portal einen Mann kennen lernt und eine Romanze beginnt. Als der neue Liebhaber schließlich positiv auf Corona getestet wird, bricht das Chaos endgültig aus. Dass sich zum Schluss die Wogen glätten, gehört zur Dramaturgie solcher Komödien. «Lockdown mit Hindernissen» ist über weite Strecken vorhersehbar und bedient die Erwartungen an einen Genrefilm. Den beiden Regisseuren Steven Kanter und Henry Loevner gelingt es jedoch, eine Trennung unter den Bedingungen des Lockdowns authentisch zu erzählen. Zwar gehen sie nicht explizit auf die Debatte ein, ob eine solche politische Maßnahme als verhältnismäßig erscheint, veranschaulicht aber, welche Probleme sie nach sich zieht.
Kritische Töne sind dennoch rar gesät. Das Regie-Duo folgt bei der Plot-Gestaltung weitestgehend dem offiziellen Narrativ. Keiner der Figuren hinterfragt die Maßnahmen, keine lehnt sich auf. Wenn es zum rebellischen Handeln kommt, dann zeigt sich dieses im schlampigen Tragen der Maske. Dazu neigt zum Beispiel Nick, der sich anfangs ohnehin etwas unvorsichtig zeigt. Leah reagiert auf die Pandemie hingegen etwas übertrieben, ja bisweilen irrational. Sie trägt den Mund-Nasen-Schutz selbst bei einem Spaziergang im Wald, wo außer ihr keine Menschenseele zu sehen ist. Aus dieser unterschiedlichen Grundhaltung der beiden Protagonisten ergeben sich weitere Konflikte, die ihre ohnehin verzwickte Situation verschlimmern.
So erfreulich es ist, dass sich die Filmindustrie der aktuellen Corona-Krise annimmt, so unbefriedigend mutet die Umsetzung an. Noch fehlt es an Mut, die echten Konflikte anzupacken. Anstatt den Lockdown als drakonische Maßnahme zu kritisieren, wird er lediglich als Rahmen für den Plot verwendet – samt der Narrative, die seine vermeintliche Legitimität stützen. Dieser Mangel beeinträchtigt leider den Filmgenuss, auch wenn sowohl die Schauspieler als auch das cineastische Handwerk überzeugen. Es bleibt einfach der Eindruck zurück, dass bei solchen Filmen die Propaganda latent weiterwuchert.