Die Corona-Maßnahmen haben die Kulturbranche hart getroffen. Noch immer dürfen Künstler ihrem Beruf nur sehr eingeschränkt nachgehen. Nicht wenige verdienen mittlerweile ihre Brötchen mit Tätigkeiten, die weit weg sind von ihrem eigentlichen Metier. Andere rebellieren und versuchen, die Maßnahmen rückgängig zu machen. Und dann gibt es noch die Gruppe von Künstlern, die die Corona-Politik mittragen und lediglich um mehr Staatshilfe bitten – mit dem Verweis auf die eigene Systemrelevanz. Ein neuer Verein von Kulturschaffenden will jedoch einen anderen Weg gehen.
«AFAL», die Akademie für angewandte Lebenskunst, setzt auf mehr Eigenverantwortung und folgt der Mission, Kultur als etwas wiederzubeleben, was nicht nur in Institutionen wohnt oder von Auserwählten ausgeführt werden kann. „Kunst und Kultur sollten sich aus der Asche bisheriger Systemrelevanz erheben“, sagt die Initiatorin Celine von Knobelsdorff. „Weder bitten, betteln noch in der Rebellion hängenbleiben, sondern selbst Kunst sein, kreative Wege finden, die das Wesen von Kunst weiter nach vorne tragen.“
«Kultur steht auf»
Unter diesem Motto gründete sie bereits im letzten Jahr die Initiative «Kultur steht auf». Sie sollte Gleichgesinnten die Möglichkeit bieten, sich zu vernetzen und eine Gemeinschaft zu bilden, die sich von den Einschränkungen nicht davon abhalten lässt, Kunst und Kultur vor allem im analogen Raum zu leben. „Kultur ist das Herz einer Gesellschaft. Wir sind hier, damit es weiterschlägt – mit euch, für euch“, war der Slogan, mit dem die Initiative zunächst auf Telegram und dann auf einer eigenen Webseite warb.
Persönliche Begegnungen sind für Celine von Knobelsdorff enorm wichtig – insbesondere für das kulturelle Leben. „Ich bin interessiert an dem Menschen, der dem Künstler innewohnt“, sagt sie. „Was möchte er hier in dieser Gemeinschaft? Was bringt er ein, was uns an trüben Tagen aufheitert, nährt und bei der positiven Stange hält?“ Der Aspekt der Praxis, ja der Lebensführung steht auch im Vordergrund des aus der Initiative entstehenden Vereins «AFAL», der noch stärker auf die aktive Teilnahme setzt. Er versteht sich nicht als bloße Kontaktbörse, sondern geht darüber hinaus, indem er die Mitglieder dazu animiert, das eigene künstlerische Engagement sichtbar zu machen. „Kultur ist etwas, was unmittelbar mit dem Wirken des Menschen verbunden ist“, sagt von Knobelsdorff.
Ganzheitlicher Blick auf Kultur
Der Verein wendet sich aber nicht nur an aktive Künstler und Kulturschaffende, sondern auch an Kunstpädagogen oder Wissenschaftler, die beispielsweise Erkenntnisse liefern, inwiefern sich Kreativität positiv auf die Gesundheit auswirkt. Kultur soll ganzheitlich betrachtet werden, in ihrer Wechselwirkung mit anderen Lebensbereichen. „Leben ist Kunst, und ein gutes Leben zu führen, ist angewandte Lebenskunst“, so von Knobelsdorff.
Dabei gehe es unter anderem auch darum, die kreativen Eigenpotenziale als Ausgleich zum Leistungsdruck zu entwickeln. So sind beispielsweise Gruppen- und Einzelprojekte vorgesehen, in denen ein Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit den körpereigenen, seelisch-emotionalen Ressourcen geschaffen werden soll. „Vor meinen Augen sehe ich eine lebendige, lebensnahe Akademie“, fasst die Initiatorin zusammen. „Ein Haus der Wissenstransparenz, Wissensförderung und Wissensvermittlung, ein Haus, das vor allem auf die Berührung der Menschen ausgerichtet ist.“