Am 3. Dezember findet in Berlin ein weiteres Benefizkonzert für Julian Assange statt. Es bereits das dritte innerhalb knapp eines Jahres, allerdings mit einem leicht veränderten Ensemble. Auftreten werden Musiker, die auch während der Corona-Krise ihre kritische Stimme nicht verloren haben. Sie stehen für Menschenrechte, Demokratie und Pressefreiheit ein, ob als Aktivisten oder als Künstler. In ihren Werken geht es unter anderem um Tendenzen, die die westlichen Werte in ihr Gegenteil verkehren. Ein Symbol dieser Entwicklung ist Julian Assange. Der Investigativ-Journalist hat furchtbare Kriegsverbrechen der USA aufgedeckt, wird dafür aber nicht gewürdigt, sondern politisch verfolgt. Momentan sitzt er in Großbritannien in Haft und hat eine Auslieferung in die Vereinigten Staaten zu befürchten, wo ihm im besten Fall eine lebenslängliche Strafe droht.
Assanges Schicksal ist das Produkt eines perfiden Spiels, das aus Vertuschungsversuchen, Geheimdienstarbeit und psychologischer Folter besteht. An seinem Beispiel wird allen Journalisten zu verstehen gegeben, was sie erwartet, wenn sie politisch heiße Eisen anfassen. Und die Message zeigt Wirkung. Laut dem ehemaligen US-Sonderberichterstatter Nils Melzer soll es schon jetzt sehr viele Whistleblower geben, die nicht mehr den Mut finden, ihre Informationen zu veröffentlichen. Die Lage ist daher ernst. „Wenn wir Assange aufgeben, verabschieden wir uns von einer Grundsäule der Demokratie“, sagt der Lyriker und Musiker Jens Fischer Rodrian. Er ist einer der Mitorganisatoren des anstehenden Solidaritätskonzerts in Berlin und wird am Abend eigene Stück präsentieren.
Erst kürzlich veröffentlichte er einen Song, der den Namen des WikiLeaks-Gründers im Titel trägt. Gewidmet ist er nicht nur dem Investigativ-Journalisten selbst, sondern auch und vor allem der Weltgemeinschaft. Wann stehen wir auf? Wann sagen wir, es reicht? Diese Fragen hätten ihn angetrieben, Assanges Schicksal vor dem Hintergrund der allgemeinen Passivität zu thematisieren. Dementsprechend schonungslos klingen die Song-Zeilen: „Was haben wir getan?“, beginnt Rodrian sein Stück. „Was haben wir unterlassen? / Wann wird Schweigen zur Qual? / Wann haben wir keine andere Wahl?“ In dieser Frage-Form geht es Strophe für Strophe weiter, bis der Refrain mit der Hauptaussage aufwartet: „Er hat alles riskiert / Eine Weltmacht blamiert / Doch die Vasalen sind geschmiert / Schaut wie der Rest von uns reagiert – SHAME ON US.“
Assange-Support wird lauter
Tatsächlich herrscht im Fall Assange öffentliches Schweigen, obwohl gerade westliche Politiker und NGOs sich gerne als Verteidiger der Menschenrechte aufspielen. „Wo sind jetzt all die großen Leit- bzw. Konzernmedien, die sich an seiner Geschichte sensationslustig aufgegeilt haben, um ihre Auflagen zu erhöhen?“, fragt Rodrian rhetorisch. „Die meisten schweigen.“. Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Immer wieder finden vor US-amerikanischen Botschaften Mahnwachen statt. Erst kürzlich bildeten Menschen als Zeichen des Protests eine Kette um das britische Parlament. Im Oktober eröffnete die Dokumentation «Ithaka» das Human Rights Film Festival. Thematisiert werden darin das Engagement und die Strapazen, denen nicht nur Assange, sondern auch dessen Familie ausgesetzt sind. Es sieht so aus, als würden die kritischen Stimmen lauter. Das Benefizkonzert in Berlin stimmt am 3. Dezember in diesen Chor ein – unter einem Titel, der die Dringlichkeit des Anliegens unmissverständlich zum Ausdruck Bringt: «Free Assange – Now!»
Neben Jens Fischer Rodrian werden am 3. Dezember in der Berliner Musikbrauerei Künstler wie der Barde Karsten Troyke und der Liedermacher Diether Dehm auftreten. Es gibt Rap und Pop mit ÄON und Morgaine, eine Performance der 25-köpfigen BasisBandBerlin und eine Diskussionsrunde mit Paul Brandenburg und Hannes Hofbauer. Am Ende legt DJ Captain Future auf. Die Zuschauer erwartet ein bunter Abend, den Jens Fischer Rodrian gemeinsam mit dem Journalisten Uli Gellerman eröffnen wird, während die Sängerin Nina Maleika anschließend die Moderation übernimmt. Die Einnahmen sollen nach Abzug der Kosten an Assanges Anwältin gehen.