Die Corona-Krise wird seit Beginn der Maßnahmen auch in satirischen Cartoons verarbeitet. Mittlerweile hat sich eine größere Szene mit Künstlern herausgebildet, die eine je eigene Handschrift aufweisen. Einer von ihnen ist der Berliner Rob. Wie einige seiner Kollegen sieht er in Cartoons und Comics ein Ventil für seinen Frust. Was seine Werke ausmacht, sind pointierte Kurzcomics, die Bezug auf tagesaktuelle Ereignisse nehmen. Im Mittelpunkt steht oftmals ein namenloser, aber glatzköpfiger Protagonist. Zu Beginn der Corona-Politik trat dieser überwiegend als Kommentator des Zeitgeschehens auf, wobei schnell ersichtlich wurde, dass er einen etwas ignoranten, unzufriedenen Wutbürger repräsentiert, der alles, was in der Gesellschaft passiert, verachtet und ablehnt.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich diese Figur jedoch, sodass eine gewisse Haltung erkennbar wird, die mit der des Künstlers übereinstimmt. Um diesen Prozess in Gang zu setzen, hat der 41-jährige Cartoonist seinen Wutbürger zum Protagonisten eines seriell losen Kurzcomics gemacht, in dem dieser Gespräche mit verschiedenen Menschen führt, unter anderem mit Xavier Naidoo. „Mal ehrlich Xavier, was hast du genommen?“, fragt er den Soul-Sänger. „Die rote oder die blaue Pille?“ „Na alle beide“, lautet die Antwort. Im nächsten Bild wird Naidoo so dargestellt, als wäre er extrem berauscht. Ein weiteres Gespräch führt der Protagonist mit Michael Myers, dem Antihelden des Horrorklassikers «Halloween». „Alle Achtung, Herr Myers!“, spricht er ihn an. „Sie haben letztes Halloween ja ein richtiges Blutbad angerichtet!“ Im nächsten Bild stockt er: „Moment, die sind alle an Corona verstorben!“ Wie diese beiden Beispiele verdeutlichen, verarbeitet Rob in seinen Kurzcomics aktuelle Narrative, so subtil und zugespitzt, dass deren Absurdität zum Vorschein kommt – und mit ihr die Kritik des Künstlers.
Cartoons als Ventil
Politische Cartoons produziert Rob erst seit der Corona-Politik. Zuvor widmete er sich eher seichteren Themen. Als der Berliner zu Beginn der 2000er Jahre seine Arbeiten zu veröffentlichen begann, ging es noch um Situationskomik, um skurrile Tierszenen oder humorvolle Wortspiele. Hier und da kommentierte er brisante Themen wie den Ukraine-Konflikt oder die Pegida-Proteste, aber ansonsten beließ er es bei unpolitischer Unterhaltung. Als dann die Corona-Politik zu wuchern begann, stieg in ihm der Wunsch auf, seinen Frust künstlerisch zu kanalisieren. Ihm sei sofort klar gewesen, dass da etwas nicht stimmte, sagt der Cartoonist: „Die Maßnahmen sind völlig unsinnig und absurd.“ Obwohl es aber so offensichtlich sei, trage ein großer Teil der Bevölkerung diese Politik mit. Diese Ignoranz ärgere ihn am meisten, so Rob. „Dass die Politiker korrupt sind, war ja schon vorher klar. Aber dass die Menschen wie Lämmer ins offene Messer laufen, ist nur schwer zu begreifen.“
Schließlich fing Rob an, die Corona-Krise und ihre politisch-gesellschaftlichen Begleiterscheinungen in seinen Cartoons zu verarbeiteten. Damals erschienen sie noch auf Toonpool, einem Szene-Portal, auf dem ganz große Namen aktiv sind. Wie in anderen Mainstream-Bereichen, zeichnete sich hier aber ganz schnell ab, dass Kritik an der Corona-Politik nicht salonfähig werden durfte. Das Thema wurde tabuisiert. „Es gibt die klare Richtlinie, dass alles, was mit Corona zu tun hat, nicht erlaubt ist“, so Rob. Dementsprechend schnell eckte er mit den Verantwortlichen an. Kurze Zeit später zogen sie die Reißleine und ließen ihn auf dem Portal nicht mehr die eigenen Werke veröffentlichen.
Karikaturen von Prominenten
Nach den schlechten Erfahrungen auf Toonpool zog der Cartoonist auf Instagram um, wo er überrascht feststellen musste, dass seine kritischen Arbeiten geduldet wurden. Mit der Zeit produzierte der Berliner neben seinen Kurzcomis Cartoons, in denen Prominente wie Bill Gates oder Karl Lauterbach karikiert werden. Auf einem Bild wird der heutige Gesundheitsminister zum Beispiel als „Baron Spritzhausen“ dargestellt, der auf einer coronaförmigen Kugel fliegt. Ein anderer Cartoon zeigt eine Herberge, auf der „Hier nur 2G“ steht. Wenige Meter von ihr entfernt treten Josef und Maria den Rückweg an, weil sie abgelehnt wurden. In solchen Einzelbildern verdichtet Rob eine Idee, indem er auf kulturelles Allgemeinwissen anspielt, den Inhalt aber so abwandelt, dass er in kritischer Weise auf das Zeitgeschehen referiert.
Seine Werke sollen provozieren, sagt der Cartoonist. Sie sollen die Betrachter nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken bringen, vielleicht sogar zum Handeln. Und tatsächlich ist ihnen ein gewisser Effekt nicht abzusprechen. Ansonsten hätte Instagram sich nicht veranlasst gesehen, Rob mit einer Sperre seines Accounts zu drohen. Knapp ein Jahr ließ man ihn gewähren, doch dann wurden „einige Leute wohl darauf aufmerksam“, vermutet der Künstler. Also musste er vorsichtshalber wieder umziehen. Nun präsentiert er seine Werke auf Telegram, wo sie in seinem Kanal «Rob Cartoon» in regelmäßigen Abständen erscheinen. So schnell lässt sich der Berliner nicht mundtot machen.