21. November 2024

Neues Album – Yoki verarbeitet Corona-Krise mit viel Gefühl und treffenden Zeilen

Gesellschaftskritik muss nicht unbedingt direkt und scharf daherkommen, sondern kann auch poetisch auf die Missstände hinweisen. Wie das funktioniert, demonstriert die Künstlerin Yoki auf elegante wie charmante Weise. Die 44-Jährige aus Bern ist während der Corona-Krise auf vielen Kundgebungen und Protestveranstaltungen aufgetreten, um ihre Sicht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse in einem Mix aus Musik und Lyrik kundzutun. Bekanntheit über die Landesgrenzen hinaus erlangte die Schweizerin mit einem Video, in dem sie ein geistreiches Poem zur Corona-Politik vortrug. Mit den tiefsinnigen Zeilen sprach sie vielen Menschen aus der Seele und machte ihnen zugleich Mut.

Das Gedicht war nicht das einzige Werk, das Yoki in den letzten drei Jahren verfasst hat. Die Künstlerin war sehr produktiv und präsentiert die Früchte nun auf einem neuen Album, das die Corona-Krise mit viel Esprit konserviert. Es geht darin um Freiheitsbeschränkungen und Maskenpflicht, um Medienmanipulation und Konformismus, um Machtmissbrauch und ökonomische Interessen großer Konzerne. Diese Themen behandelt Yoki mit viel Sprachwitz und einer gesteigerten Lust an Wortspielen. Sie beginnen bereits bei der Titelbezeichnung. „Poetisch korrekt“ hat sie ihr Album genannt und damit mit einem Augenzwinkern auf den übersteigerten Moralismus des woken Zeitgeistes verwiesen, der in dem Stück „Fähndli im Wind“ behandelt wird. Der im Schweizerdeutsch vorgetragene Song kritisiert die Gesinnungsflexibilität der vor allem jungen Generation und entlarvt sie als ein Kollektiv ohne Fähigkeit, selbständig zu denken.

Mix aus Lyrik und Musik

Die Übersetzung des Lieds findet sich im Booklet, in dem sich alle Stücke gesondert als eigenständige Gedichte lesen lassen. Yokis Album versteht sich ohnehin als ein ausgeklügelter Mix aus Lyrik und Musik. Gerade die ersten Beiträge „Umzingelt“ und „Frei“ werden in klassischer Slam-Poetry-Manier gesprochen, während im Hintergrund ein leiser Sound erklingt, mal sphärisch, mal summend. Wenn Yoki dann in Stücken wie „Superspreader“, „Numeno“ oder „Stoubchorn“ zu singen beginnt, klingen sie so gefühlvoll, dass man Gänsehaut bekommt. Aus ihrer Stimme kommt die Leidenschaft durch, mit der sich die Künstlerin für Freiheit und Wahrheit einsetzt.

Musikerin Yoki

Ihre Überzeugungen drückt sie bisweilen in treffenden wie pointierten Zeilen aus, oftmals mit einer sprachlichen Verve, die Euphorie entstehen lässt: „Was niemaus wicht, isch üse Widerstand / Är eint üs mitme unsichtbare Band“, heißt es in „Stoubchorn“ im besten Schweizerdeutsch. Ihre kämpferischen Aussagen garniert Yoki nicht selten mit optimistischen Tönen, die sich so anhören: „Und es geht mir nicht ums Klagen / Es sind gute Dinge passiert / Wir haben Neues ausprobiert / An einer neuen Welt gebaut / Aber wir hatten euch vertraut“.

Gefühle der sozial Geächteten

Mit diesen Worten verarbeitet die Künstlerin in dem Stück „Vergeben“ den Umgang mit den Maßnahmenkritikern. Sie thematisiert die Ausgrenzung und Diffamierung, beschreibt die Gefühle der sozial Geächteten und benennt den Schmerz, nicht ohne die Verfehlungen der gutgläubigen Masse zu erwähnen, die sich von den Regierungen instrumentalisieren ließ: „Wir wurden gejagt, bedroht und angeklagt / Und ihr habt’s bejaht / Man hat uns gemieden, hat Hetze betrieben / Und ihr habt geschwiegen / Man hat uns ausgelacht, uns niedergemacht / Und mit einer unerträglichen Niedertracht / Das Leben zur lebenden Hölle gemacht / Und wer hat alles mitgemacht?“

Derartige Fragen ziehen sich durch das Album. Sie richten sich aber nicht nur an diejenigen, die dem Regierungskurs folgten, sondern auch an sich selbst. Die poetischen Stücke sind durchsetzt mit Selbstreflexionen und Überlegungen, wie es zu einer Versöhnung kommen kann, wie sich die gesellschaftliche Spaltung überwinden ließe. Vollumfängliche Antworten gibt Yoki nicht, aber sie regt zum Nachdenken an, gibt emotionale Anstöße und liefert Argumente, die einer breiten Aufarbeitung den Weg weisen. Dafür ist die Kunst da. Ihre Funktion besteht darin, die Menschen zu erreichen. Yoki gelingt das mit Bravour. Sie versteht es, auf einer Klaviatur zwischen Emotionalität und Ratio zu spielen. Ihre lyrischen Musikstücke dringen nicht nur bekömmlich ins Ohr, sondern lassen ganze Gefühls- und Gedankenwelten entstehen.

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