21. November 2024

«Hauptsache GEIMPFT» – Doku über die Diskriminierung in der Kultur

Die Aufarbeitung der unmenschlichen Corona-Politik hat längst begonnen, auch wenn der Ukraine-Krieg die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung lenkt und neue Ängste schürt. Dabei ist es noch nicht lange her, dass Menschen aufgrund ihres Impfstatus diskriminiert wurden – auch in der Kulturbranche. Wer sich vor knapp einem Jahr gegen das Corona-Vakzin entschieden hatte, bekam enormen gesellschaftlichen Druck zu spüren. Ihn übten nicht nur die Leitmedien und die Politik aus, nicht nur Familienmitglieder und Freunde, sondern auch der Arbeitgeber. Wie er für Kulturschaffende in der Praxis aussah, erzählt eine kurze Dokumentation aus dem Hause What’s Opera Doc.

«Hauptsache GEIMPFT» beruht auf insgesamt zehn Stunden Interviewmaterial, aus dem die wichtigsten Passagen auf eine halbe Stunde komprimiert wurden, wie Elisabeth Kulman zu Beginn des Films erläutert. Die österreichische Sängerin fungiert als eine Art Moderatorin, die den Zuschauern einen Kontext zur Dokumentation liefert und in das Thema einführt. Der Film solle nicht nur die Diskriminierung aufzeigen, sagt sie, sondern vor allem veranschaulichen, was sie mit den Opfern und der gesamten Gesellschaft macht. Er wolle einen Anstoß zur Aufarbeitung geben, aber auch dazu einladen, Brücken zu bauen und aufeinander zu zugehen. In ihren Worten kommt deutlich der Wunsch zum Ausdruck, dass alle verstehen, was in der Hochphase der Corona-Krise wirklich geschah: Vielen Künstlern ist ungeheures Unrecht widerfahren.

Grässliche Erfahrungen, die den Atem stocken lassen

Wer die folgenden Interviewbeiträge von insgesamt acht Künstlern aus Österreich hört, wird das nicht leugnen können. Was sie erzählen, lässt gelegentlich den Atem stocken, so barbarisch klingen ihre Erfahrungen. Zu Wort kommen die Sänger Jenifer Lary, Renée Morloc, Marlis Petersen und Thomas Stimmel sowie der Dirigent Karl Sollak. Manche der Interviews wurden per Zoom geführt, die meisten jedoch vor der Kamera zu Hause bei den Künstlern oder im Freien. Wenn sie ihre Erlebnisse schildern, wirken sie mal gefasst, mal noch immer aufgewühlt – wie zum Beispiel Karl Sollack. Der Dirigent berichtet unter anderem von Szenen aus Gesprächen mit einem fanatischen Arzt, der ihn aufbrausend zu einer Impfung nötigen wollte. Die Sängerin Marlis Petersen erzählt hingegen von Erfahrungen einer Kollegin, die in einem Opernhaus wöchentlich oder gar täglich Erpressungen seitens der Intendanten ausgesetzt war.

Besonders schockierend klingen die Erlebnisse der Sängerin Renée Morloc. Als einzige Ungeimpfte im Haus musste sie bei Aufführungen immer eine Maske aufziehen, wenn sie nicht sang. Die Stigmatisierung erfolgte quasi auf der Bühne – vor einem großen Publikum. Als sie zum Applaus auf die Bühne trat, seien ihr die Tränen gekommen, gibt die Sängerin ihre damalige Gefühlslage wieder. Wie sie wirken alle interviewten Künstler noch immer fassungslos, wenn sie jene Zeit Revue passieren lassen. In ihren Aussagen schimmert ein Ringen um Verständnis durch, ja der quälende Wunsch, die Dynamik des Wahnsinns verständlich zu vermitteln. Was ihn besonders traurig gemacht habe, sagt der Sänger Thomas Stimmel, sei die Erkenntnis, dass ein Großteil sich nicht aus Überzeugung impfen ließ, sondern aufgrund äußerer Zwänge.

Sängerin Jenifer Lary in der Dokumentation / Foto: Screenshot

Die Künstler berichten nicht nur von ihren Erfahrungen, sondern schildern auch die Gründe, warum sie sich gegen das Vakzin entschieden hatten. Den größten Eindruck hinterlässt die Erklärung von Jenifer Lary, die sagt, dass jeder Eingriff die Stimme beeinflusse. Als Sängerin gehe sie damit ein berufliches Risiko ein. Doch das schien den Großteil der Gesellschaft nicht zu interessieren. Die Ausgrenzung, so Lary, verlief völlig irrational, was allein daran ersichtlich sei, dass Ungeimpfte schon fast als Rechte galten. Dieser Eindruck ist nicht aus der Luft gegriffen. Viele gehässige Zitate prominenter Politiker und Mediziner belegen das. Sie werden genauso zwischen die Interviewbeiträge hineingeschnitten wie Symbolbilder und Ausschnitte aus Fernsehsendungen.

Tagebucheinträge der Angst

Als formal kluger Einfall erweist sich zudem, die Tagebucheinträge einer anonymisierten Sängerin und Gesangsdozentin im Schriftbild wiederzugeben. Wie sie wollen zwei weitere Künstler im Film nicht vor die Kamera treten. Ihre Aussagen wurden mit einer fremden Stimme nachgesprochen. Diese Zurückhaltung hängt damit zusammen, dass sie wie viele andere Künstler aufgrund des gesellschaftlichen Drucks keinen anderen Ausweg sahen, als sich einen Fake-Impfnachweis zu besorgen. Dass Menschen aus Verzweiflung kriminelle Taten begehen, sagt viel über die damalige gesellschaftliche Spannung aus. Die Angst nahm unbegreifliche Züge an, wie die Tagebucheinträge der Sängerin und Gesangsdozentin belegen. Sie habe sich darauf bezogen, von Konzerten ausgeladen zu werden, gar erst keine Konzerte mehr ausmachen zu dürfen, von der Managerin nicht mehr vertreten zu werden oder den Job an der Universität zu verlieren.

Solche Szenen machen «Hauptsache GEIMPFT» zu einer der wichtigsten Dokumentationen des neuen Jahres. Sie eignet sich wie keine andere, die gesellschaftlichen wie politischen Verfehlungen der Corona-Zeit aufzuarbeiten und vielleicht auch zu verarbeiten. Der Film wirkt nicht nur schockierend, sondern auch aufrüttelnd. Er gleicht einem Mahnmal, dass an die Gräuel des Impfregimes erinnert. So etwas, lautet der Subtext, darf nie wieder passieren. Hoffentlich gelingt es dem Film, diese Message möglichst weit zu verbreiten.

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