Im Zuge der Corona-Krise ist es für regierungskritische Künstler schwer geworden, einen Veranstaltungsort zu finden. Doch es keimt Hoffnung auf. Immer mehr Einrichtungen außerhalb der Kulturbranche stellen ihre Räumlichkeiten zur Verfügung und mausern sich zu Kleinkunstbühnen – so wie das Restaurant s’Reiwerle in Annweiler am Trifels. Seit 2021 finden dort Vorträge, Buchvorstellungen, Konzerte und Kabarett-Veranstaltungen von Künstlern und bekannten Persönlichkeiten aus der Freiheits- und Friedensbewegung statt. „Wir wollen ihnen eine Bühne bieten, weil sie aufgrund ihrer Kritik an den Corona-Maßnahmen nirgends auftreten dürfen“, sagt der Inhaber Tobias Fink. Enttäuscht zeigt er sich hingegen von den vielen etablierten Künstlern, die auf Regierungslinie sind und sich für die vielen Kampagnen einspannen lassen.
s’Reiwerle, wie man im pfälzischen Dialekt sagt, hast sich schon sehr früh im März 2020 gegen die Corona-Politik positioniert. „Die Maßnahmen verursachen mehr Schaden, als es das Virus je könnte“, so Fink. Sie seien alles andere als verhältnismäßig. Der Gastronom weiß, wovon er spricht. Die Maßnahmen haben ihn und sein Restaurant wirtschaftlich in Bedrängnis gebracht – genauso wie viele Kunden, die sich mittlerweile zwei Mal überlegen müssen, ob sie in einer Gaststätte essen. Dabei ging s’Reiwerle erst ein Jahr vor der Corona-Politik mit einem neuen Konzept an den Start. Das Restaurant hat einen ganzheitlichen Ansatz und setzt auf Qualität wie Nachhaltigkeit. „Wir kochen hochwertig mit Zutaten aus der Natur“, erklärt Fink. „Außerdem backen wir unser Brot täglich frisch und verwenden Wild aus der Region.“
Als sich das Restaurant im März 2020 gegen die Corona-Maßnahmen aussprach, hagelte es Beschimpfungen und Diffamierungen. Die Gastronomie war von einem Tag auf den anderen verschrien – wie alle Kritiker der Politik. Für s’Reiwerle war es jedoch kein Grund, das Handtuch zu werfen. „Wir machten weiter ganz nach dem Motto: «Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert», so der Inhaber. Also begann die Gaststätte, Veranstaltungen für die Freiheits- und Friedensbewegung zu organisieren. Es kamen Leute wie die Rechtsanwälte Ralf Ludwig und Dirk Sattelmaier, die Vorträge hielten. Ihr Kollege Alexander Christ stellte kürzlich sein Buch «Corona-Staat» vor. Der Stand-up-Comedian Nikolai Binner trat auch schon im Reiwerle auf und unterhielt das Publikum mit seinen witzigen wie bissigen Gags. Die Musik-Gruppe Alien’s Best Friend, bekannt geworden durch den Song «Wir sind so viel mehr», gab vor wenigen Monaten ein Konzert, genauso wie der Schlagersänger Björn Banane, der Pianist Arne Schmitt und der Gitarrist Guy Dawson.
Auf Spendenbasis
Wie alle Kleinkunstbühnen hat s’Reiwerle nur einen beschränkten Platz zur Verfügung. Im Keller des Restaurants kann es 70 Gäste versammeln, im oberen Bereich 50. Über die doppelte Kapazität verfügt die Gaststätte im Biergarten. „Bislang waren die Veranstaltungen meistens vollbesetzt“, sagt Fink. Einen Eintrittspreis müssen die Gäste nicht zahlen. Alle Events basieren auf Spenden, über deren Höhe jeder selber entscheiden darf. Zusätzlich zu solchen künstlerischen Auftritten veranstaltet s’Reiwerle regelmäßig sogenannte «Schwurbler-Vernetzungspartys», bei denen ausgelassen und freudig zur Musik getanzt wird. Manchmal heizen dem Publikum einige Live-Musiker ein, so wie in wenigen Wochen die Band Freimuth.
Am übernächsten Samstag kommt der Kabarettist Uli Masuth zu Gast. Um an die Künstler heranzukommen, arbeitet s’Reiwerle unter anderem mit der Veranstaltungsagentur von Dirk Sattelmaier zusammen. Allerdings bietet das Restaurant allen Kulturschaffenden aus der Freiheits- und Friedensbewegung an, sich bei ihm selber zu melden, wenn Interesse an einem Auftritt besteht. s’Reiwerle ist für solche Kooperationen offen und tritt gerne als Veranstaltungsort in Erscheinung. Mit dieser Philosophie könnte es weitere Gastronomiebetriebe dazu animieren, seinem Beispiel zu folgen. Die kritischen Künstler wären ihnen dankbar. Ihre Möglichkeiten aufzutreten sind in den letzten zweieinhalb Jahren deutlich gesunken, weshalb es mutige Einrichtungen benötigt, die ihnen eine Bühne bieten.