Die Wiener Singer-Songwriterin Morgaine ist seit 2014 in der Friedensbewegung aktiv. Immer wieder tritt sie mit kritischen Songs hervor und spielt auf Demonstrationen. Zuletzt engagierte sie sich bei den bundesweiten Protesten gegen die Corona-Politik. Nach ihrem ersten Album WIR SIND EINS, das 2016 erschien, arbeitet sie derzeit an ihrem zweiten. Mit kultur-zentner.de hat die 27-Jährige darüber gesprochen, welche Themen sie darin verarbeitet und inwiefern die Corona-Krise ihren Schaffensprozess beeinflusst.
Morgaine, du hast eine bewegende Zeit hinter dir. Welche Erlebnisse haben den größten Eindruck hinterlassen?
Das Jahr war vermutlich für uns alle sehr bewegend und intensiv. Bei mir war es eine Berg– und Talfahrt. Eines der schönsten Erlebnisse für mich war im Februar mein kurzer Urlaub mit Äon und unserem Aktivisten-Freund und Fotografen Lukas Kaus von Frieden Total auf La Palma. Bisher bin ich in meinem Leben kaum gereist und habe von der Welt leider noch nicht viel sehen können. Diese Woche auf der Insel hat mich innerlich unglaublich befreit und mir neue Energie gegeben. Danach kam dann fast direkt der Lockdown und ich habe mit meinem Album begonnen.
Sprechen wir doch kurz über die Zeit, als die Corona-Panik ausbrach. Wie hast du sie erlebt?
Das war sehr krass. Die Leute drehten total durch. Der Supermarkt fühlte sich an wie eine rechtsfreie Zone. Das war schon heftig. Die Menschen waren wie wilde Tiere – rücksichtslos, egoistisch und in Panik. Das hat mich sehr traurig gemacht.
Aber dann hast du angefangen, an deinem neuen Album zu arbeiten …
Genau. Diese Phase war sehr prägend für mich. Ich traf mich kaum mit Freunden und versank in meiner eigenen Welt. Es fühlt sich dann alles so unreal an da draußen und man weiß gar nicht, ob man gerade träumt oder wach ist. Ich liebe dieses Gefühl. Das hat etwas von Schwerelosigkeit, man ist fernab von Raum und Zeit.
Du bezeichnest deine Musik gerne als Heilung. Wie meinst du das?
Musik und Klang sind ja im Endeffekt nur Frequenzen, die auf unseren Körper und unsere Seele eine Wirkung haben. Es gibt Frequenzen, die sich angenehm anfühlen und eher heilsam sind und es gibt Frequenzen, die sich eher negativ auswirken können. Man kann sich das wie zwei Wellen vorstellen, die aufeinandertreffen und miteinander verschmelzen. Musik ist für mich ein wunderbares Tool, Worte und Botschaften auf einer emotionalen Ebene zu transportieren, als wenn diese nur gesprochen werden. Ich glaube, die Verbindung von meinen tiefsinnigen Texten und meinen sehr emotional berührenden Melodien ergeben, zusammen mit meiner persönlichen Geschichte, einen heilsamen Cocktail für das Herz.
Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Seit einigen Jahren bezeichne ich meine Musik als Herzmusik, weil sie eben für das Herz und für die Seele ist. Sie berührt und öffnet das, was lange in uns verschlossen ist. Sie kann als eine Art Schlüssel verstanden werden. Was die Leute damit machen, liegt bei ihnen. Aber natürlich ist sie nicht für jeden der passende Schlüssel. Das zu behaupten, wäre anmaßend.
Dein neues Album ist noch nicht ganz fertig. Kannst du dennoch schon ein wenig darüber verraten?
Ja, es wird den Titel LEUCHTKRAFT tragen und noch deutlich mehr in die Tiefe gehen als meine bisherigen Werke. Musikalisch, gesanglich, textlich und inhaltlich habe ich mich hier sehr weiterentwickelt. Ich empfinde es als persönlicher und emotionaler, weil ich darin auch einige traumatische Erlebnisse verarbeitet habe.
Um welche Themen geht es darin?
Es geht hauptsächlich um das innere Leuchten, darum, dass wir trotz Dunkelheit um uns herum wiederfinden. Es handelt von Selbsterkenntnis, Selbstliebe und dem Mut, für sich und seine Überzeugungen einzustehen. Ich finde es deutlich stärker als mein erstes Album WIR SIND EINS, einfach weil ich selber stärker geworden bin – und das hört man dann auch.
Verarbeitest du darin auch deine Erlebnisse während der Corona-Krise?
Oh ja, absolut! Fast das ganze Album habe ich während des Lockdowns geschrieben. Und natürlich hat mich dabei auch die Corona-Krise sehr geprägt. Es kamen sehr viele Themen hoch, die in mir teilweise sehr krasse Prozesse auslösten. Das verarbeitete ich dann in den Texten. Ich glaube, die aktuelle Lage löst in uns allen starke Gefühle aus. Bei mir war echt alles dabei – von Zukunftsangst, Wut und Fassungslosigkeit über Vertrauen, Liebe, Glück und innere Ruhe bis hin zu Verzweiflung und Hilfslosigkeit. Mir blieb nichts erspart. Die erste Single aus dem Album handelt genau von dieser Situation in der wir uns alle momentan befinden.
Wann soll dein Album erscheinen?
Ich habe mir kein zeitliches Limit gesetzt. Aber ich möchte es gerne in der ersten Hälfte des nächsten Jahres veröffentlichen. Die Songs sind schon alle produziert, ich muss nur noch den Gesang aufnehmen. Da ich in den letzten vier Monaten an einer Speiseröhrenentzündung litt und weder sprechen noch wirklich singen konnte, hat sich alles etwas verzögert. Aber alles hat immer seinen guten Grund, und ich bin mir sicher, dass das Album zum genau richtigen Zeitpunkt fertig wird.
Kann man die neuen Songs dann auch irgendwo live hören – gehst du mit dem neuen Album auf Tour?
Das ist schwierig zu sagen. Ich würde natürlich sehr gerne. Aber das liegt gerade nicht in unseren Händen. Mein Wunsch ist es natürlich, dass im nächsten Jahr Konzerte und Festivals wieder stattfinden dürfen. Dann würde ich auf jeden Fall live spielen. Einige Tour-Termine habe ich schon mal vorsichtshalber festgelegt.