Seit knapp einem Jahr sorgt die Hip-Hop-Crew Rapbellions mit kritischen Texten rund um die Corona-Krise für Furore. Die Mitglieder treten mal im Gesamtkollektiv auf, mal stellen sie in unterschiedlichen Konstellationen je eigene Projekte auf die Beine. Nun haben sich Phizzo und Yannick D. für einen gemeinsamen Track zusammengeschlossen. Am 14. März erscheint ihre Single «Rote Linie». Im Interview mit kultur-zentner.de sprechen die beiden Rapper über den Inhalt des Songs, über das Mittel der Provokation und über immense Schwierigkeiten, die ihnen der Vertrieb bereitet.
Phizzo und Yannick D., in wenigen Tagen erscheint euer gemeinsamer Song «Rote Linie». Worum geht es in dem Track?
Yannick D.: Wir sind gegen die Corona-Impfung. Viel mehr noch gegen die Impfpflicht. Und genau um diese Position geht es in dem Song.
Phizzo: Nebenbei reißen wir noch ein paar mehr Themen an. Zum Beispiel den in diesem Land geduldeten Linksextremismus, der im Zuge dieser sogenannten Pandemie gehäufter auftritt. Damit will ich Rechtsextremismus nicht verharmlosen, aber es ist eben auffällig, wie aggressiv und militant Linksextreme gegen Anti-Maßnahmen-Demonstranten vorgehen.
Der Song erscheint, kurz bevor im Parlament über die Impfpflicht debattiert und schließlich abgestimmt wird. War das Absicht?
Yannick D.: Es war eigentlich so nicht geplant. Der Song sollte viel früher kommen, eigentlich schon im Dezember. Aber es gab viele Faktoren, die diesen Release immer wieder verschoben haben.
Phizzo: Als sich später dann abzeichnete, zu welchem Zeitpunkt der Song ungefähr erscheinen könnte, haben wir natürlich geschaut, was gut passt. Und dann lag es natürlich nahe, den Song mit der Debatten-Woche im Bundestag zu verknüpfen.
Was kritisiert ihr an der Impf-Politik?
Yannick D.: Mich kotzt es an, dass Ungeimpfte als Menschen zweiter Klasse gelten – als hätten wir aus der Geschichte nichts gelernt. Und dieses widerwärtige Gesellschaftsbild haben zwei Jahre lang unsere Politiker und die Medien nach vorne gepusht. Daher ist diese gesamte Politik nur noch verabscheuungswürdig.
Phizzo: Man muss sich das mal klar machen. Es soll eine Impflicht kommen für einen Impfstoff, der einzig vor einem schweren Verlauf schützt. Das sagt doch alles.
Warum habt ihr den Song «Rote Linie» genannt?
Yannick D.: Eigentlich sollte der Song N.A.Z.I. heißen. Es ist ein Akronym und steht für Nicht An Zwangsimpfung Interessiert. Aber wir durften diesen Song so nicht nennen. Dann haben wir überlegt, was sonst gut passen würde und haben uns dann auf „Rote Linie“ geeinigt. Die Impflicht ist diese rote Linie, die nicht überschritten werden darf.
Wie wird dieses Thema im Musikvideo verarbeitet?
Yannick D.: Wir haben ein übertrieben krasses Video gedreht mit sehr viel Symbolcharakter. Und die „Rote Linie“, so viel können wir verraten, spielt dabei eine große Rolle.
Phizzo: Auch das Thema Zwangsimpfung haben wir durch bestimmte Bilder im Video dargestellt. Aber natürlich sendet das Video die Botschaft auch mit einem gewissen Augen-Zwinkern.
Seit der Debütsingle «Ich mach da nicht mit» haben die Rapbellions Probleme mit Zensur und Vertrieb. Hattet ihr dieses Mal mehr Glück?
Yannick D.: Ganz klares Nein! Es war eine Katastrophe. Wir wurden bei vier Vertrieben abgelehnt – und somit schon zensiert, bevor der Song überhaupt an Itunes, Amazon Music etc. ausgeliefert werden konnte. Das habe ich noch nie erlebt.
Phizzo: Zum Glück hat Yannick mit seinem Geschäftspartner einen eigenen kleinen Vertrieb, der uns den Release dann ermöglichte.
Was glaubt ihr, ist der Grund für diese Schikane?
Yannick D.: Die kontroversen Texte. Das Ansprechen schwieriger Themen. Der Vorwurf der Verbreitung von Falschmeldungen. Und wahrscheinlich ist unsere Zusammenarbeit mit Xavier Naidoo auch noch immer ein Thema.
Phizzo: In den Vertrieben sitzen sehr viele Leute, die grundsätzlich links sind. Für die sind wir alle rechtsradikale Aluhüte. Und wenn man schon mal in so einem Vertrieb am Schalthebel sitzt … Ein Schelm wer dabei Böses denkt.
Habt ihr Antworten mit einer Begründung bekommen, warum der Song nicht hochgeladen werden durfte?
Phizzo: Tatsächlich hatte uns nur EINER von den vier Vertrieben einen Grund genannt. Wir würden Rechtsextremismus verherrlichen, hieß es. Da greift man sich nur an den Kopf.
Der Song enthält tatsächlich einige provokante Zeilen. Warum setzt ihr auf dieses Stilmittel?
Yannick D.: Weil es Rap ist. Provokation in Texten generiert natürlich Aufmerksamkeit, auf die wir nicht verzichten wollen. Und kontroverse Texte können auch zu einem Diskurs anregen, den es heute in der Gesellschaft unbedingt braucht.
Phizzo: Mein Stilmittel ist es ja grundsätzlich, mit den Battle-Rap-Attitüden zu spielen. Da bleibt die eine oder andere provokante Line nicht aus. Aber auch hier wieder gilt es natürlich, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen.
In der Hook wird das Wort „Nazi“ mehrmals wiederholt. Es handelt sich, wie ihr sagt, um ein Akronym: Nicht An Zwangsimpfung Interessiert. Warum dieses Wortspiel?
Yannick D.: Weil das für Empörung sorgt. Und genau dieses Gefühl der Empörung habe ich wiederum, wenn ich an die Impfung denke. Wir sind keine Nazis. Das versteht sich von selbst. Auch wenn ich zwei Meter groß bin, blond und blauäugig, und mein Rap-Partner ursprünglich aus Dresden kommt. Wir haben uns das getraut, weil wir wissen, dass wir keine Nazis sind.
Phizzo: Die Medien drücken uns seit «Ich mach da nicht mit» permanent in die rechte Ecke. Klar spielen wir damit. Aber auch nur weil wir im Gegensatz zur Mainstreampresse sehr wohl in der Lage sind, zwischen N.A.Z.I. und Nazis zu unterscheiden.
Mit dem Ukraine-Krieg ist das Corona-Thema medial in den Hintergrund getreten. Ist die Pandemie nun vorbei? Oder befürchtet ihr ein Comeback?
Yannick D.: Leider ja. Wenn ich zum Beispiel Lauterbach von einer Sommerwelle schwurbeln höre. Sie werden dieses Thema immer wieder auspacken, wenn es gebraucht wird.
Phizzo: Unter dem Deckmantel der Ukraine-Krise lassen sich jetzt wunderbar sämtliche Themen durchpeitschen, die vorher zu sehr im Fokus standen. Darauf wollen wir auch aufmerksam machen. Corona ist nicht vorbei. Nur gibt es gerade medial einen sanfteren Umgang mit diesem Thema. Doch der Schein trügt. Die allgemeine Impflicht ist noch lange nicht vom Tisch.
Russen und Russlanddeutsche haben mittlerweile die Ungeimpften als Feindbild abgelöst. Wie seht ihr diese Entwicklung?
Yannick D.: Allgemein ist das zum Kotzen. Es wird immer menschenverachtender und faschistischer in dieser Welt. Was mir am meisten zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass es anscheinend nur einer Legitimation der Glotze bedarf, damit die Leute bei diesem faschistoiden Bashing mitmachen.
Phizzo: Ganz schwer hat man es ja demnach gerade als ungeimpfter Russe. Sorry, das war sehr zynisch. Aber ich befürchte leider, dass selbst in dieser Aussage ein Funke Wahrheit steckt. Kranke Welt.
Wie die Corona-Krise trägt nun auch der Ukraine-Konflikt weiter zur gesellschaftlichen Spaltung bei. Wie kann man sie eurer Meinung nach überwinden?
Yannick D.: Man sollte sich keine Überflutung der Mainstreammedien geben. Da läuft fast nur noch Propaganda. Man sollte versuchen, sich auf sich selbst zu konzentrieren, seiner Intuition zu vertrauen und dem inneren Kompass zu folgen – ganz egal was Frau Maischberger oder Herr Plasberg gerade dazu sagen. Man sollte bereit sein, die Perspektive anderer einzunehmen. Und man sollte viel Zeit mit seiner Familie verbringen, um Kraft zu schöpfen.
Phizzo: Auf jeden Fall Glotze aus! Und nicht darauf warten, bis jemand anderes für uns die Dinge regelt. Wir müssen begreifen, dass wir für uns und unsere Zukunft selbst verantwortlich sind. Wenn wir eine bessere Welt wollen, müssen wir ins Handeln kommen und den Willen in uns tragen, diese Welt aktiv mitzugestalten. Auf diese Weise würden Politik und Medien immer mehr an Spaltkraft verlieren, und wir würden uns wieder als das erkennen, was wir eigentlich sind – ein Wunder der Natur.