Nach seinem Hit «Ich mach da nicht mit» hat das Duo Lichtgesicht ein weiteres kritisches Lied veröffentlicht, das sich wieder mit dem Thema Impfung auseinandersetzt. Um es lyrisch zu verarbeiten, haben Anja und Johannes dieses Mal die Rapperin Sel Awi ins Boot geholt, eine Nachwuchsmusikerin aus Hamburg. Der gemeinsame Song trägt den Titel «Bio» und spielt auf eine Ausdrucksweise an, die für ungespritztes Obst und Gemüse verwendet wird. Es sei ein Qualitätsmerkmal, sagen die Künstler. Bio bedeute „normal“ oder „natürlich“. Diese Analogie ziehen sie, um gegenüber der Impfthematik ihre Haltung zum Ausdruck zu bringen. Sie wollen bio, also ungespritzt bleiben: I will stay organic, wie es im Englischen heißt. Das ist die Message, die im Refrain mehrmals wiederholt wird: „Und ich bleib / Bio, bio, bio, bio, bio / Ich bleib / Bio, bio, bio, bio, bio.“
Als Protestsong wollen Lichtgesicht das Stück nicht verstanden wissen. Viel eher demonstriere er ihren Ansatz, mit dem Thema positiv umzugehen. Er liefert quasi eine spielerische Antwort auf eine Frage, die seit mehreren Monaten die Konversation zwischen Freunden und Bekannten dominiert: „Bist du geimpft?“ Als der Song im August letzten Jahres entstand, wurde so fast jedes Gespräch eingeleitet. Er sei somit der Zeit geschuldet, sagt Johannes, der den Beat zum Lied gebaut hat. Anja, die für Gesang und Text zuständig ist, erklärt es damit, dass die Vakzin-Diskussion schon damals erkennen ließ, worauf die Politik hinaus will – auf ein „Impf-Abo“. So entstand die Motivation, ihre ablehnende Haltung musikalisch zu verarbeiten, ohne sich konfrontativ an den Grabenkämpfen zu beteiligen. „Bio soll auf positive Weise zum Ausdruck bringen, dass wir drüberstehen“, sagt sie.
So sieht es auch die Sängerin Sel Awi. In Kontakt mit Lichtgesicht kam sie nach deren Hit «Ich mach da nicht mit», der in der alternativen Musikszene für Furore gesorgt hatte. So wurde auch Sel Awi auf das Duo aufmerksam. Als sie sich auszutauschen begannen, merkten die Künstler sofort, dass die Chemie stimmt. Schnell entstand die Idee, ein gemeinsames Musik-Projekt auf die Beine zu stellen. Der Text war schnell geschrieben. Die Zeilen seien ihr innerhalb einer Stunde aus der Feder geflossen, sagt Anja. Doch die Produktion zog sich in die Länge, vor allem weil die Technik Probleme bereitete.
Mischung aus Gesang und Rap
Nach mehreren Monaten Pleiten, Pech und Pannen ist der Song nun erschienen und rollt für die Hörer einen funkigen Klangteppich aus, der mit vielen, sehr vielen pointierten Zeilen durchsetzt ist: „Ich bleibe bio, ich bleibe bio / Und trotz der ganzen Plandemio – jojo“, gibt Anja zum Besten in einer souligen Mischung aus Gesang und Rap. „Kann niemand mich überzeugen, nein, nein / Dass es nötig ist, mir Gift zu spritzen / Mrna-Gentherapie / Das ist mein Körper – meiner, meiner ganz allein / Und was da hineinkommt / Entscheide ich, Ganz allein, ganz allein, ja.“ Warum das Duo das Vakzin als Gift bezeichnet, erklärt Lichtgesicht damit, dass gewisse Inhaltsstoffe nicht für den menschlichen Körper bestimmt sind. Dabei stützen sich Anja und Johannes unter anderem auf Experten, die die Auffassung vertreten, dass Impfungen mehr schaden als nützen. Außerdem entstehe Skepsis, wenn ein Wirkstoff so hartnäckig propagiert werde, obwohl die Zahl der Nebenwirkungen steige.
Obwohl die Corona-Impfung ursprünglich freiwillig bleiben sollte, wird derzeit darüber nachgedacht, sie verpflichtend zu machen. Einen indirekten Zwang spüren viele Bürger jetzt schon. Seit mehreren Monaten dürfen sie am gesellschaftlichen Leben nur dann teilnehmen, wenn sie den Nachweis über den so gerne verniedlichten „Piks“ erbringen. Die Ablehnung der Impfung hat weitreichende Konsequenzen, mit denen sich Sel Awi in ihrem Part auseinandersetzt. „Was ich jetzt sag, ist nicht ok“, stimmt sie ihre Hörer ein. „Ja, es tut einigen weh / Sagen bald, da musst du eh / Mit den Konsequenzen leben / Deine Konsequenzen sind für mich ’ne Luxusattitüde / Lockmittel, doch erkenne ihre Lügen / Juckt mich nicht mehr, wenn sie mir den Rücken kehren / So wie Kratzbürsten / Von Hommies nicht mehr eingeladen werd zum Abstürzen.“
Meinungsfreiheit nur auf dem Papier
Das Freiheitsverständnis vieler Menschen kann die Sängerin nicht verstehen. Sie bezeichnet es als „Fake“. Nur weil man im Geschäft einkaufen, ins Kino gehen und in den Flieger steigen könne, sei man noch lange nicht frei. Für sie erscheinen diese Freizeitaktivitäten eher als Luxus. Für die Hamburgerin bedeutet Freiheit, „mit der Natur verbunden zu sein“, zu wissen, wo sie herkomme. Es bedeute vor allem, keine Angst vor der Zukunft zu haben. Wie viele kritische Musiker versucht Sel Awi die Erfahrungen der letzten knapp zwei Jahren zu verarbeiten. Was politisch in Deutschland passiert, stößt bei ihr auf Unverständnis. Als die gesellschaftlichen Verwerfungen begannen, sei ihr sofort klar gewesen, dass sie die Veränderungen nicht ignorieren könne, sagt sie. Kurz davor nahm ihre musikalische Karriere Fahrt auf. Sel Awi hatte große Pläne und träumte davon, Konzerte zu geben. Mit den Corona-Maßnahmen lösten sich dies Träume in Luft auf. Also ging sie dazu über, über die Missstände zu rappen.
Zu ihnen gehört unter anderem der Verlust der Meinungsfreiheit. Wer zu kritisch ist, nicht dem offiziellen Narrativ folgt und auf Widersprüche hinweist, wird ausgeladen, zensiert oder diffamiert. Diese Erfahrung haben in Folge der Corona-Krise nicht nur Anwälte, Politologen und Ärzte gemacht, sondern auch Künstler. „Sie sagen, du bist ein Nazi / Weil du andrer Meinung bist“, heißt es in «Bio». „Sie nehmen dich aus den Charts / Nur weil du andrer Meinung bist / Sie löschen deine Posts / Weil du andrer Meinung bist / Sie sagen, du bist doof / Weil du etwas Wahres sprichst.“ Lichtgesicht und Sel Awi wissen, wovon sie sprechen. Ihren gemeinsamen Song konnten sie lediglich auf YouTube veröffentlichen. Auf allen anderen gängigen Streamingplattformen wurde ihnen der Auftritt verwehrt – ohne Angabe von Gründen.