Künstler haben es seit Beginn der Corona-Krise schwer. Wenn sie sich öffentlich oder in ihren Werken kritisch gegenüber der Maßnahmenpolitik äußern, droht ihnen der Boykott, im schlimmsten Fall sogar die mediale Vernichtung. Das hat dazu geführt, dass in den letzten knapp 20 Monaten eine parallele Kulturindustrie entstanden ist. Und sie wächst kontinuierlich. Immer mehr Akteure betreten dieses Feld, um einerseits ein Publikum zu erreichen und andererseits ihre Botschaft in die Welt zu senden, ohne Nachteile zu erleiden. Einer der umtriebigen Vertreter ist der Musiker Augustin. Als Produzent, Komponist und Sänger hat er bereits mehrere Projekte umgesetzt, von denen der Song «Wir machen auf» zu den bekanntesten gehört.
Das Stück erschien im letzten Winter, als Einzelhandel und Gastronomie wegen des zweiten Lockdowns geschlossen bleiben mussten. Viele sahen in dem Song einen Aufruf zum zivilen Ungehorsam, zur Selbstermächtigung der betroffenen Unternehmen, die sich über die Regeln hinwegsetzen sollten. „So kann man das natürlich sehen“, sagt Augustin. Allerdings versteht er das musikalische Stück zuerst als Plädoyer für menschliche Nähe und Gemeinschaft. „Die Botschaft war keine politische, sondern eine humanistische“, erklärt der 60-jährige Münchner. Der Lockdown habe dazu geführt, dass sich die Menschen nicht mehr trafen. „Anstatt auf Abstand zu gehen, war genau das Gegenteil notwendig.“ Der Song sende daher die Botschaft, dass man sich öffnen und füreinander da sein müsse.
Musikalisches Projekt mit Luis Frank Arias
Erst kürzlich erschien die internationale Version des Songs, für den Augustin sieben Sängerinnen aus jeweils unterschiedlichen Ländern gewinnen konnte. Er selbst übernahm Produktion und Komposition. «WE OPEN UP» ist Teil des «Freedom of Sound»-Samplers, einer CD mit mehreren Stücken von Musikern aus aller Welt, die gegen staatliche Willkürmaßnahmen und mediale Diffamierung ansingen. Es handelt sich dabei um eine Produktion aus dem Hause A-MAZE-ING music. Die Komplett-Agentur bietet kritischen Musikern eine neue Heimat und hat mit «Freedom of Sound» den bereits zweiten Sampler auf den Markt gebracht. Der erste ist bereits im Frühling unter dem Titel «bHERZt» erschienen. Augustin fungierte dabei nicht nur als treibende Kraft im Hintergrund, sondern steuerte auch einen gemeinsamen Song mit seinem kubanischen Freund Luis Frank Arias bei. «No Puedo Mas» heißt es und Augustin schrieb es zeitgleich zur Entstehung der spanischen Bewegung «Podemos» .
Als das südeuropäische Land wegen der Finanzkrise im wirtschaftlichen Chaos versank, entstand unter diesem Slogan eine politische Kraft, die auf fundamentale Veränderungen abzielte. Mit der Bezeichnung «Podemos», auf Deutsch «wir können», sollte das Volk optimistisch gestimmt werden. Diese Botschaft geht auch von dem Song des Bavaria Social Clubs aus, wie sich Augustin und Luis Frank Arias nennen. «No Puedo Mas» heißt zwar «ich kann nicht mehr», aber die Aussage des Songs und die letzte Textzeile lautet: Doch, wir können! Wir können Krisen bewältigen und alles meistern, was uns auferlegt wird. Das Lied ist ein Motivationssong, der zur gegenwärtigen Situation passt und die Menschen anspornen soll, trotz der Maßnahmenwillkür standhaft zu bleiben.
Das Duo gibt sich kubanisch-bayrisch-international, indem es Blues und Latino-Klänge vermischt. Der Bavaria Social Club ist ein Cross-Over-Projekt, das viel über Augustin aussagt. Er lässt sich nur ungern eingrenzen und liebt es, verschiedene Musikrichtungen zu kombinieren. Man könnte ihn als Tausendsassa bezeichnen, der in jedem Genre seine Streiche treibt. Er selber verwendet gerne den Begriff „Hofnarr“. Humor spielt für ihn eine große Rolle, wie unter anderem sein kurz vor der Bundestagswahl erschienenes Stück «Annalena» beweist. Der Song bezieht sich „natürlich ganz und gar nicht“ auf die Kanzlerkandidatin der Grünen, sagt der Musiker ironisch. „Lass die Finger (da)von – Annalena“, heißt es darin mehrmals hintereinander. Das könnte so verstanden werden, dass Augustin sie gegenüber ihren Kritikern oder gar Belästigern verteidigt. In gewisser Hinsicht entspricht es auch der Wahrheit, aber in einem anderen Sinne. „Der Song sagt auch aus: Mädel, verbrenne dir nicht die Finger“, erklärt Augustin. „Sie wird von mächtigen Akteuren benutzt und womöglich merkt sie gar nicht wie und wofür.“ Bisweilen tue sie ihm sogar leid, vor allem wegen der vielen Versprecher. „Das muss sie sich doch nicht antun“, so der Musiker.
Boykott des Mainstreams
Dass die politischen Strukturen undurchsichtig sind und bis in die Unterhaltungsbranche hineinreichen, hat Augustin am eigenen Leibe erfahren. Als die Corona-Politik zu wuchern begann, wurde er skeptisch und produzierte eine kritische Cover-Version von Rio Reisers «Zauberland». Der Song ist ein Revolutionsklassiker und wurde in der Wendezeit um 1989 rauf und runter gespielt. Augustin arrangierte ihn um, behielt aber den Text und ergänzte lediglich im Intro einige O-Töne von Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Markus Söder. Doch das reichte für die öffentlichen und privaten Radiostationen des Mainstreams aus, um den Song nicht zu spielen. „Dabei haben ihn viele Radiosender zunächst heruntergeladen“, sagt der Musiker. Einige Recherchen ergaben dann, dass der Druck von oben zu groß war.
Doch damit nicht genug: Wegen des Lieds bat Augustins Verleger ihn für weitere musikalische „Schandtaten und Narrenstreiche“ ein anderes Label zu suchen, da negative Presse befürchtet wurde und Deutschlands größtes Independent-Label verständlicherweise Angst hatte, dass das ruinös auf das Geschäft zurückschlagen könnte. Seitdem schlägt sich Augustin in der alternativen Kulturszene durch. Wie so viele Künstler hat Augustin die Corona-Politik hart erwischt. Zuvor hatte er über zwei Jahre drei Musikprojekte aufgebaut und in sie seine gesamten Ersparnisse investiert. Anfang 2020 sollte es dann endlich losgehen. Augustin wollte die Live-Konzerte buchen und die Präsentationen der jeweiligen Debüt-Alben vorbereiten. Der weitere Verlauf ist bekannt. Doch der bayerische Musiker gibt nicht auf – ganz nach dem Motto «podemos mucho mas» ( wir können noch viel mehr).
Ich verfolge und begleite Augustin seit fast einem Jahrzehnt
und ich kann aus vollem Herzen sagen- er legt alles was er zu bieten hat – sein Herz/ seine ganzen Finanzen- seine Kraft und seine politische Überzeugung in seine musikalischen Projekte
was ich an ihm wirklich bewundere und liebe ist seine Standhaftigkeit seine Geduld und seine Hoffnung Menschen damit zu erreichen trotz vieler Hemmnisse die ihm teils aus der politischen wie auch der musikalischen Öffentlichkeit in den Weg gelegt worden