Die Digitalisierung durchdringt zunehmend alle Lebensbereiche. Große Tech-Konzerne wie Google, Apple, Facebook oder Amazon wissen mittlerweile mehr über die Bürger, als sie selbst – und sagen es frei heraus. Der moderne Mensch des 21. Jahrhunderts gleicht einem Protagonisten aus Kafkas Romanen, nur dass er sich nicht mehr bloß in bürokratischen Strukturen verstrickt, sondern vor allem in den digitalen. Mit diesem Thema beschäftigt sich der Musiker Ben Bafa, der kürzlich zusammen mit Uwe Karpa den Song «Digi Brain» herausgebracht hat. Darin schlüpfen die beiden in die Rolle einer Person, die die Technik abgöttisch anbetet: „Digi-Digi-Brain befiehl, ich folge“, beginnt der Refrain. „Bleib’ bitte möglichst nah an mir dran / Außen am Arm ist mir zu wenig / Komm ganz in mich rein. Das macht mich an.“
Den Gesang für den Refrain hat Ben Bafa übernommen, während der gesamte Text aus der Feder Uwe Karpas stammt. Mit viel Ironie und Sarkasmus beschreibt der Musiker, wie sich das Leben im Zuge der Digitalisierung verändert. An Kritik wird nicht gespart. Sie findet sich zwischen den Zeilen wie diesen: „Die Entwicklung schreitet voran – die Zukunft wird groß / Endlich werden wir die Last der Verantwortung los / Wo früher Chaos herrschte, ist bald alles geregelt, / auf ein allgemein bekömmliches Niveau eingepegelt“, so beginnt die erste Strophe und gibt die Richtung vor, während die zweite die titelgebende Figur einführt: „Zuverlässig zeigt mir Digi Brain die beste Lösung / Ebenso das, worauf ich verzichten kann / Es kümmert sich um mein perfektes Verhalten / und dass ich permanent gesund bin, nicht nur dann und wann.“
Zusammenarbeit in der Corona-Zeit
Die beiden Musiker sind bereits seit den 1990er Jahren befreundet. Während der Corona-Zeit haben sie den Kontakt verstärkt und sogar zu einer Zusammenarbeit gefunden. „Diesen Text von Uwe fand ich besonders schön und wollte den Song unbedingt mit ihm machen“, erinnert sich der 60-Jährige Musiker aus Nierstein. Während Karpa auch die Melodie komponierte, steuerte Ben Bafa den Sound für den Refrain bei. Das Arrangement und die Produktion des gesamten Songs übernahm er ebenfalls. Den Griff zu Ironie und Sarkasmus begründet der Musiker damit, dass die Hörer verstehen sollten, wie kritisch sie dem Thema Digitalisierung gegenüberstehen. „Die Corona-Krise ist unter anderem deswegen mitausgelöst worden, um die Leute durch Angst in Richtung volle digitale Kontrolle zu bekommen“, sagt er mit Verweis auf den digitalen Impfpass und die Corona-App, die für Zugangsbeschränkungen genutzt wurden. In ihnen sieht Ben Bafa die Vorläufer für eine digitale Währung.
FDP-Chef und Bundesfinanzminister hat sie bereits angekündigt und dabei das Argument ins Feld geführt, diese würde den Alltag und den Zahlungsverkehr bequemer machen. Das sei eine Ablenkung davon, worum es eigentlich gehe, findet Ben Bafa: „um totale Kontrolle“. Während der Corona-Krise habe man das mit dem digitalen Impfpass und der Corona-App eintrainiert und so die Bevölkerung dazu gebracht, den Zugang zum öffentlichen Leben über solche Tools zu akzeptieren. Der Musiker verweist dabei auf solche Organisationen und Initiativen wie ID2020 oder die Better Than Cash Alliance, die die Digitalisierung in allen Lebensbereichen befeuern. Dahinter stehe die Philosophie des Transhumanismus, so der Musiker: „Es geht um einen Kulturkampf zwischen Homo Sapiens und dem Cyborg. Die Fürsprecher argumentieren damit, dass wir als eine solche Mensch-Maschine ewig leben können.“ Für ihn sei das aber eine Reduzierung auf die Materie, die er als spiritueller Mensch nicht akzeptieren könne. «Digi Brain» lässt diese Ablehnung spüren.
Dass Ben Bafa solche kritischen Zeilen unbeschwert singen und produzieren kann, verdankt er unter anderem der Corona-Krise. „Nach dreißig Jahren als Profimusiker bin ich endlich an die Stelle gekommen, an der ich eigentlich beginnen wollte“, sagt er. Seine Karriere begann am Ende der 1980er Jahre mit einem Bass-Studium. Danach spielte er in zahlreichen Musikgruppen und begleitete sogar mehrere Stars. In den letzten zwanzig Jahren agierte er schließlich als Bassist und meistens als Leader diverser Coverbands, wobei die Songs immer umarrangiert worden seien, wie der 60-Jährige betont. Seine letzte Gruppe hieß Coolanova. Mit ihr produzierte er drei CDs, wobei jede auch eigene Songs enthielt – die letzte ausschließlich. Als die Corona-Krise kam, konnte er Lieder mit kritischem Inhalt nicht mehr unterbringen, weil sich die anderen Band-Mitglieder dagegen sträubten. Also startete er als Solo-Musiker durch und gab sich den Künstlernamen Ben Bafa.
Weitere Songs von Ben Bafa
Vor «Digi Brain» sind auf YouTube bereits die Stücke «Nehmt Euch das Leben» und «Zeig mir dein Gesicht» erschienen. Beide spielen auf die Corona-Politik an und die mit ihr einhergehenden Pflichten und Narrative. Während «Zeig mir dein Gesicht» akzentuiert, was durch das Tragen der sogenannten Mund-Nasen-Bedeckung verloren geht, birgt «Nehmt Euch das Leben» eine Botschaft, die sich auf zweierlei Weise interpretieren lässt: Suizid, aber auch Carpe Diem. „Nehmt euch das Leben in seiner ganzen Pralle“, erklärt Ben Bafa. „Lasst euch nichts verbieten.“
Zusätzlich zu diesen Songs sind drei weitere ohne Video auf der Musik-Plattform Spotify erschienen. In «Vertrau mir» schlüpft Ben Bafa in die Rolle eines Experten, der als Verführer agiert. In dem Stück wird nicht nur Kritik an diesem heutzutage sehr populären Sozialtypus geübt, sondern auch an den Medien, die die öffentliche Meinung manipulieren. Die Message des Stücks erklärt der Musiker so: „Wir sind selber die Experten unseres Lebens – nicht andere.“ «König» kommt hingegen als eine Allegorie auf die Funktionsweise der Macht daher und changiert zwischen „Verführung und Liebeslied“, wie Ben Bafa sagt. „Macht funktioniert nämlich über das Prinzip Zuckerbrot und Peitsche.“ Der Song «Outside the Box», noch zusammen mit Coolanoa aufgenommen, setzt sich schließlich mit dem Thema Angst auseinander und animiert die Hörer dazu, sich ihr zu entziehen: „Fühle selber, was du magst“, beschreibt der gebürtige Badener die Botschaft.
Musik müsse seiner Meinung nach die Leute zum Nachdenken bringen, sie aufrütteln. Deswegen produziere er hauptsächlich textbezogene Songs und in deutscher Sprache, damit sie die Adressaten erreichen. Auch das sei ein Novum in seiner Musiker-Vita. Früher spielte Ben Bafa in Bands bis auf ein paar Ausnahmen hauptsächlich englische Lieder. Dass er nun als Solo-Künstler kritische Songs in deutscher Sprache produzieren kann, erscheine ihm wie eine glückliche Fügung: „Endlich kann ich das machen, wozu ich mich berufen fühle.“ Er spüre in dieser so biederen Zeit einen Funken von Ermächtigung, aber auch den Druck der Gegenseite. Nachdem «Digi Brain» erschienen war, teilten unter anderem die NachDenkSeiten den Song. Die Aufrufzahlen gingen nach oben – und dann sanken sie plötzlich. „Ich vermute, dass das manipuliert wurde“, sagt der Musiker. Ein ähnliches Schicksal dürfte seinem nächsten Song bevorstehen, der am 25. November erscheinen wird und sich mit dem Corona-Kult beschäftigt. „Der Text wird in Form von Fürbitten vorgetragen“, stimmt der Musiker die Hörer ein. „Es ist Satire pur!“