Die Bildende Kunst war in der außerparlamentarischen Opposition lange Zeit unterrepräsentiert. Mittlerweile gehört sie zu den Impulsgebern, zumindest in deren Kulturszene. Die vitalisierende Kraft verdankt sich einer Institution, die Verein und Event zugleich ist – die IAFF. Die Abkürzung steht für „Internationale Agentur für Freiheit“. Diese veranstaltet seit drei Jahren im September eine Ausstellung, wenn die heißen Sommertage ausklingen und die kühlere Herbstluft wieder die Sinne schärft. Das tun auch die ausgestellten Werke, indem sie auf je eigene Art die Wahrnehmung auf das lenken, was in der heutigen Gesellschaft entweder schiefläuft oder als erstrebenswert erscheint.
Dass das nicht gerade wenig ist, haben die Jahre seit Corona geradezu schmerhaft vor Augen geführt. Grundrechtseinschränkungen, Diffamierung Andersdenkender, Kriegslüsternheit und der schleichende Verlust der Freiheit: Die Liste der Missstände ist lang. Wer sie im Alltag nicht sieht, bekam vom 11. bis zum 13. September die Möglichkeit, sie in den Werken der ausstellenden Künstler zu erkennen. Vertreten waren bereits bekannte, aber auch neue Namen. Seit diesem Jahr versucht das IAFF-Team, über ein Ausschreibungsverfahren Künstler anzusprechen, die die gleiche sozialkritische Haltung haben und diese in ihren Werken zum Ausdruck bringen.
Ein reichhaltiges Rahmenprogramm
Die Strategie ging auf. Bei den Veranstaltern flatterten Dutzende Bewerbungen rein, sodass die diesjährige Ausstellung die bislang größte war. Die Gäste konnten Bilder, Plastiken und Installationen von insgesamt 20 Künstlern bestaunen. Allerdings ist die Veranstaltung mittlerweile mehr als nur eine Ausstellung; sie präsentiert sich als eine Art Festival, auf dem ein vielfältiges Programm geboten wird. So auch in diesem Jahr. Neben Bildender Kunst gab es zahlreiche Musikbeiträge, unter anderem von Kerstin Reimann, Karsten Troyke sowie Alexa und Jens Fischer Rodrian. Der Kabarettist Ludger K. brachte die Gäste mit bissigen Gags zum Lachen, und der Medienwissenschaftler Michael Meyen las aus seinem neuen Buch, das sich dem „dressierten Nachwuchs“ widmet.
Am Ende konnten die Gäste bei einer Auktion einige Werke der ausstellenden Künstler ersteigern, bevor DJ Captain Future mit seinen „Schwurbel“-Hits die renitenten Feierbiester der außerparlamentarischen Opposition in die Nacht entließ. Wer dieses dreitätige Spektakel verpasst hat, braucht nicht traurig zu sein. Die IAFF wird schon ganz bald wieder ihre Tore öffnen. Es wird sogar gemunkelt, dass die Ausstellung demnächst auch in eine andere Stadt kommt. Bis dahin lässt sich die Atmosphäre dieses Events in dem dazugehörigen Künstlerkatalog einatmen. Der schlägt thematisch wie stilistisch einen weiten Bogen.
Fotografien, Collagen, Zeichnungen
Sandra Doornbos und Hannes Henkelmann etwa erinnern in ihren Schwarzweiß-Fotografien an die intensive Demonstrationszeit während der drakonischen Corona-Politik. Jill Sandjaja und Rudolph Bauer widmen sich in ihren bissigen Collagen dem politischen Personal, das mit ihren Verfehlungen schonungslos konfrontiert wird. Arndt Nollau zielt hingegen auf das gesamte gesellschaftspolitische System und zeichnet in einem seiner Bilder quasi einen Abgesang auf die Prosperität westlicher Staaten. Erzählt wird dabei in mehreren Szenen, so wie in den Gemälden von Michal Lezian, der in seinem jüngsten Werk die Vorzüge der humanen Marktwirtschaft in den Vordergrund rückt. Diese diene „der Potenzialentfaltung der Menschen und nicht dem Kapital“, heißt es in dem dazugehörigen Text zum Künstler.
Ein solcher ist immer den abgedruckten Bildern vorangestellt und versteht sich als Einleitung in das Werk der jeweiligen Künstler. Man erhält interessante Einblicke in deren Arbeitswese, lernt aber auch die dahinterstehende Person kennen. „Kunst entspringt für mich in einer inneren Notwendig, die nicht immer in meinem Leben gegeben ist“, stellt sich zum Beispiel Gisela Makowski vor. Sie gehört zu den neuen Namen, die die diesjährige IAFF-Ausstellung unter anderem mit Lichtobjekten bereichert haben. Thematisiert sie mit ihnen die Schattenseiten der Impfung oder des Transhumanismus, konzentriert sich Cornelia Foerch in ihren Portraits auf „Persönlichkeiten, die in der Krise ein besonderes Rückgrat bewiesen haben“ und setzt sie in einen Dialog mit Geistesgrößen vergangener Jahrhunderte.
Potpourri an Ideen, Ausdrucksweisen und Botschaften
Der Katalog, so viel lässt sich bereits nach wenigen Seiten erkennen, ist ein Potpourri an Ideen, Ausdrucksweisen und Botschaften. Eine Art Klammer bilden Persönlichkeiten, die die Ausstellung zu einem Gesamtkunstwerk gemacht haben, Gabriele Gysi etwa, deren Eröffnungsrede in Gänze abgedruckt ist. „Wir haben reale Machtverhältnisse aus den Augen verloren“, ist darin zu lesen, „wir waren viel zu schnell zufrieden mit Worten, statt nach Tatsachen zu fragen, wir waren im Selbstverwirklichungsprozess gefangen, mit uns selbst beschäftigt.“ Gysi rekapituliert die allgemeine Mentalität der Vor-Corona-Zeit, bevor sie die ausstellenden Künstler für ihr sozialkritisches Engagement huldigt: „Ich bin froh, dass es Euch gibt. Dass ihr auf Eure mutige Weise, Eure Fragen an die Welt artikuliert. Für die abgeschaffte Kunst neue Räume und Inhalte findet.“
So emotional wie die Worte Gysis sind auch die Lieder von Judith Antkowiak, die auf der Veranstaltung das Publikum mit starken Melodien und klangvoller Stimme begeistert hat. Im Katalog wird die Ausnahmemusikerin genauso vorgestellt wie die BasisBandBerlin. Als Zusatz gibt es den Songtext ihres Stücks „Worum es geht …“. Mehr kann man von einem Künstlerkatalog nicht erwarten.