Liberale Demokratien des sogenannten Westens entwickeln sich zunehmend zu totalitären Systemen. Der Prozess verläuft langsam, aber mittlerweile für immer mehr Menschen sichtbar. Viele haben das erst während der Corona-Krise bemerkt, doch manche kritischen Geister erkannten die Zeichen schon vorher. Ein gutes Beispiel ist der Musiker Sid, der sich als Liedermacher bezeichnet und diesen Vermerk in seinem Künstlernamen als Zusatz anführt. Der gebürtige Berliner hat bereits 2017 zwei Songs veröffentlicht, die aus der Rückschau geradezu prophetisch wirken.
In «Das Vierte Reich» etwa drückt er das Gefühl aus, dass die Gesellschaft wieder in ein System abrutscht, in dem Kälte, Kontrolle und Propaganda dominieren. Der durchweg poetische Song beschreibt das Aufkommen eines digitalen Staates, der das analoge Leben zu Gunsten besserer Überwachungsmöglichkeiten opfert. Um diesen Aspekt herauszukristallisieren, setzt Sid der Liedermacher auf eine an «The Sound of Silence» erinnernde Metaphorik: „Hier sind Bäume, aber es ist kein Wald“, beginnt sein Song. „Es wird Winter, aber es ist nicht kalt / Wir sind auf dem Weg in das 4. Reich!“ So geht es Strophe für Strophe, die von einem apokalyptischen Refrain unterbrochen werden: „Die Gesellschaft tanzt ihren letzten Tanz / Die Kapelle spielt auf zur kollektiven / kognitiven Dissonanz.“
Unter dem Eindruck eines massiven Transformationsprozesses steht auch der Song «Endspiel», der anklingen lässt, mit welcher Finesse die Menschen dazu gebracht werden, ihn nicht wahrzunehmen: „Wir haben Brot und Spiele / Von bester Qualität“, heißt eine markante Zeile. „Haben Kunst und Kultur / doch das alles ist nur / Eine Scheinrealität.“ Noch deutlicher wird der Refrain, in dem der Musiker seinen Hörern die Augen öffnen will: „Denn alles wird sich ändern, / Aber nicht so wie du denkst / Noch wird aufgetischt / Doch die Karten sind gemischt / Und das Endspiel läuft schon längst / Das Endspiel läuft schon längst.“ Er habe zu dem Zeitpunkt schon das Gefühl gehabt, dass es eine Riege von Leuten gibt, die das gezielt steuern, erklärt der 52-Jährige seine damaligen Beweggründe, den Song zu schreiben.
Gesellschaftskritische Songs schon in den 1990ern
Mit gesellschaftlichen Themen beschäftigt sich Sid der Liedermacher schon sehr lange. Die ersten kritischen Texte entstanden bereits in den 1990ern. Im Laufe der Jahre setzte er sich in seiner Musik unter anderem mit der Privatisierung von Wasser auseinander, mit der kapitalistischen Ausbeutung oder der Vermarktung von Musik – so wie in dem Song «Fuck Sony Entertainment», der 2010 zu einem kleinen YouTube-Hit wurde. Der Künstler präsentiert seine Stücke meistens in klassischer Singer-Songwriter-Manier, mit Gitarre, geschliffenen Texten und oftmals mit einer Prise Humor. Gelegentlich streut er Sprechgesang hinein. „In nenne es Liedermacher-Rap“, sagt Sid, der seine Songs meistens auf YouTube, Odysee, Rumble oder SoundCloud veröffentlicht.
Dem Image eines Singer-Songwriters entspricht zudem sein Drang, in die große weite Welt zu ziehen. Momentan lebt er in Mexiko, nachdem er mehrere Jahre in den USA verbracht hatte. Dort befand er sich auch zu der Zeit, als die Corona-Politik begann. Aufgrund seiner kritischen Auseinandersetzung mit den Vorgängen hinter den Kulissen, war ihm sofort klar, wohin die Reise ging. Also fing er an, Lieder zu schreiben, die verschiedene Aspekte der angeblichen Pandemie beleuchten. Herausgekommen ist eine Playlist mit dem Titel «Love in the Times of Covid». In den auf SoundCloud veröffentlichten Stücken geht es um die entstandenen Risse in der Gesellschaft, um den Verlust von Freiheitsrechten und die gesundheitlichen Folgen des Impfstoffs, auf die Sid schon damals hinwies, als die Kampagne sich erst zu formieren begann.
Manche dieser Songs sind auf English gesungen, andere in deutscher Sprache. Mal versprühen sie Melancholie oder berühren mit sanften Klängen, mal kommen sie poppig daher oder rockig, mit dem Appell, der Corona-Politik freudvoll und friedlich Widerstand zu leisten. In diese Kategorie gehört der Song «Steck dich an», der in schwungvoller Epidemie-Metaphorik beschreibt, mit welchen Erregern man sich freiwillig infizieren sollte: „Steck dich an mit dem Virus der Freiheit / Steck dich an mit dem Virus des Glücks / Steck dich an mit dem Virus von Freude und Frohsinn / Und hol dir dein Leben zurück.“
Neues Musik-Projekt
Optimistische Botschaften wie auf dieser Playlist sollen auch Songs enthalten, die der Künstler zusammen mit kritischen Stücken auf einer neuen Rap-EP bündeln möchte. Momentan widmet er sich stärker dem Sprechgesang, was mehrere Gründe habe. „Im letzten Jahr fing ich aus Interesse an, Beats zu produzieren“, erklärt der Musiker. „Und weil ich nach einer Weile sehr viele hatte, fing ich an, zu manchen von ihnen zu rappen.“ Seine intensive Beschäftigung mit diesem Genre beruhe aber auch darauf, dass es ihm textlich interessant erscheine: „Der Rap schafft Möglichkeiten, die sich bei klassischen Liedern nicht ergeben. Er lässt zum Beispiel viele verschachtelte Reime zu, sodass man sich differenzierter ausdrücken kann.“ Ein Rap-Text biete mehr Raum, weshalb er dichter ausfalle. Für jemanden wie ihn, der gerne Wortspiele betreibt, sei das besonders verlockend, weil er sich dann ausleben könne.
Die Rap-EP veröffentlicht der Musiker unter dem Künstlernamen SiDIY. Einige der Stücke sind bereits jetzt auf SoundCloud erhältlich, so wie der Song «Die Neue Normalität» zum Beispiel, in dem beschrieben wird, wie sie wohlmöglich aussehen wird: „Hast du das gecheckt? / Was du auch tust, es wird alles getrackt!“, beginnt der Künstler, um einige Zeilen später nachzulegen: „Ein guter Vorwand für die Technokratie / Um Gesetze einzuführen, die die Demokratie / nur immer weiter unterwandern, bis zur Plutokratie / Und der Nagel im Sarg war dann die Pandemie!“ Ähnlich düster klingt die Anfangsstrophe des Songs «Nachtwache», der jedoch auch lösungsorientiert Hoffnung verbreitet: „Ihr wisst nicht, was da draußen passiert / Was da vor euren Toren aufmarschiert / Ist auch egal, denn wir machen das schon / Wir sind die Nachtwache – die letzte Bastion!“
Seine Zuversicht speise sich aus der Erkenntnis, dass es möglich sei, die Welt global so umzugestalten, dass alle einen Nutzen darauf ziehen, erklärt der Musiker. „Ich sehe auch, dass während der letzten drei Jahre mehr Leute aufgestanden sind. Es sind Bündnisse entstanden, die vorher nicht denkbar waren.“ In der Gesellschaft habe sich ein massiver Widerstand gebildet, mit dem Willen, die Welt nach eigenen Vorstellungen zu verändern. „Es ist auch wichtig, dass wir Visionen haben“, so Sid. Auf seiner Rap-Ep, die im Frühling auf Spotify erscheinen soll, will er sie mit positiven Songzeilen weiter nähren.