4. Dezember 2024

«Über dem Kuckucksnest» – Buzz_G. veröffentlicht EP mit widerständigem Rock

Rock mit harten Tönen ist ein Genre, das nicht nur musikalisch, sondern auch textlich laut daherkommt. Gesellschaft- und Systemkritik gehören eigentlich zu seiner DNA. Doch in der Corona-Krise bleiben die meisten Vertreter recht leise. Nur wenige trauen sich, ihre Stimme zu erheben. Einer von ihnen ist der Hannoveraner Musiker Buzz_G. Seit April 2020 hat er sechs Songs veröffentlicht, die sich mit der zunehmend autoritär-manipulativen Politik und den sozialen Verwerfungen in den letzten zwei Jahren beschäftigen. Nun liegen sie gebündelt auf der EP «Über dem Kuckucksnest» vor, die unter anderem auf Spotify abrufbar ist. Den Titel gab Buzz_G.s bislang letztes Lied. Darin destilliert der 48-Jährige seine Erfahrungen während der Corona-Zeit und legt ein klangvolles Resümee dar.

Ein gewisser Zweifel an Politik, Medien und Diskussionskultur beschlich den Musiker schon vorher, wie der Musiker sagt. „Es machte sich zunehmend das Gefühl breit, dass man bei bestimmten Themen aufpassen muss, wie man sich äußert.“ Noch war es eine diffuse Ahnung. Doch sie schlug in Gewissheit um, als die Corona-Politik zu wuchern begann. Plötzlich wurden Maßnahmenkritiker pauschal in die rechte Ecke geschoben, diffamiert und zensiert. Trotz dieser Verstöße gegen alles, was in den Jahren zuvor als demokratisch gepriesen worden war, blieb der Großteil der Bevölkerung still. Nicht nur das: Er folgte sogar brav dem Regierungskurs. Auch Buzz_G. musste sich die Augen reiben. Aus dieser Irritation ist der Song «Das Blöcken der Lämmer» entstanden, eine Anspielung auf den berühmten Film mit Jodie Foster und Anthony Hopkins.

Keine Meinungsfreiheit

Der Song wirft auf sehr energische Art die Frage auf, warum niemand aufbegehrt. In Punkrock-Manier schreit Buzz_G. seine Botschaft in die Öffentlichkeit und gibt zu verstehen, worin das Schweigen begründet liegt: „Gedroht wird nicht mit Waffen, Tabus sind’s, die das schaffen / Political Correctness und die Freiheit steht im Schatten.“ Der Track bietet eine Erklärung an, warum so wenige sich trauen, ihre Meinung zu sagen. Über Sprachverbote sei ein gesellschaftliches Klima entstanden, in dem die Angst regiert, ein falsches Wort zu sagen. Von Meinungsfreiheit könne nicht die Rede sein, so Buzz_G. „Man darf zwar alles sagen, aber bestimmte Aussagen ziehen Konsequenzen nach sich.“ Das hätten die Menschen in Deutschland verinnerlicht, wie er im Song metaphorisch auf diese Formel bringt: „Lämmer als Rebellen, sie blöken statt zu bellen / Wir sind Lämmer als Rebellen – Lämmer! / Lämmer als Rebellen, sie blöken statt zu bellen / Wir sind Lämmer als Rebellen / Keine Angst – wir können ja nicht bellen.“

Buzz_G.

Ganz so still sollte es in den Folgemonaten gar nicht werden. Bis in den Spätsommer hinein fanden bundesweit kleinere Demonstrationen gegen die Corona-Politik statt. Im August versammelten sich schließlich in Berlin zu je zwei Groß-Protest-Veranstaltungen Hunderttausende Menschen, unter denen sich auch Buzz_G. befand. Was er dort erlebte, war Euphorie und Glückseligkeit. Er habe dort tolle Menschen kennengelernt, sagt der Musiker. Aus diesem Hochgefühl heraus ging er davon aus, dass die Corona-Politik in wenigen Wochen Geschichte sei. Es sollte anders kommen: Die Regierung zog die Daumenschrauben an, die Leitmedien verbogen weiter die Fakten. Obwohl Buzz_G. den Ausdruck «aufgewacht» nicht mag, fühlte er sich in dieser Zeit dennoch genau so. Er habe nach den Erfahrungen auf den Großdemonstrationen deutlich sehen können, dass die mächtigen Instanzen im System die Bevölkerung manipulieren.

Dem Musiker gingen viele Gedanken durch den Kopf. Kondensiert hat er sie in dem Song «Der Fratzen ihre Masken», einem rockigen Stück mit eindeutiger Message: „Ein System am Ende, / das schürt die Ängste. / Lässt Flammen lodern / und legt die Brände.“ Seinen Appell schiebt er gleich hinterher: „Aufgewacht – und aufmarschiert, / der Völker Herz, rebelliert.“ Die harten Töne stimmt Buzz_G. seit über zwanzig Jahren ein. So lange ist er bereits Mitglied der Gruppe Cosmic Tribe. Die Band hat sich mit der Zeit immer wieder personell gewandelt, blieb aber dem Genre treu. Ihr Hard- und Modern-Rock fällt durchaus systemkritisch aus. Besonders die neueren Stücke versprühen diesen Geist, der auch Buzz_G.s Songs ausmacht. Als Solo-Künstler verarbeitet er das, was über die gemeinsame Band hinausgeht. In ihnen drückt er seine ganz persönlichen Gefühle und Gedanken aus.

Deutsch- und Punk-Rock

Musikalisch changiert der Hannoveraner zwischen Deutsch- und Punk-Rock, wobei es auch Lieder gibt, die einen Singer-Songwriter-Touch haben. Zu ihnen gehört der im Sommer 2021 entstandene Track «Betreute Demokratie». „Ideologie, bis zur Idiotie“, lauten die ersten Zeilen. „Betreute Demokratie, / nennt sich das Spiel / Die Würfel – Manipulation, / gefärbt in schwarz, grün und rot, / lassen uns den Glauben, / das wir selbstbestimmt nicht rauben.“ Der Song, sagt Buzz_G., sei von der Erkenntnis geprägt, dass er möglichweise nie demokratisch gewählt habe. „Denn die Leitmedien manipulieren uns schon sehr lange. Das System ist darauf ausgerichtet, uns das Gefühl zu geben, dass wir es selbstständig steuern. Aber eigentlich werden wir dabei betreut, damit es zu keinen überraschenden Abweichungen kommt.“

Buzz_G.

Der Song kommt deshalb als Aufruf daher. „Lasst uns aufstehen“, heißt die Message. Den Singer-Songwriter-Anstrich hat der Musiker gewählt, weil er der Meinung ist, dass dieses Genre in den Widerstand gehört. Buzz_G. verbindet es mit der 68er-Bewegung, als noch viele deutsche Singer-Songwriter die sozialen Missstände beanstandeten. Deswegen ist er in der gegenwärtigen Krise so enttäuscht von Gruppen wie Die Ärzte oder Die Toten Hosen. Warum sie die Corona-Politik trotz der offensichtlichen Ungereimtheiten und autoritärer Tendenzen mittragen, kann sich der 48-jährige Hannoveraner nicht erklären. Doch die Haltung sei für die Mehrheit der Gesellschaft bezeichnend, wie sein noch vor «Betreute Demokratie» erschienener Song «Schlaf´ Deutschland Schlaf´» deutlich macht. Als Vorlage diente ihm das berühmte Wiegenlied, das Kindern vor dem Einschlafen zur Beruhigung vorgesungen wird. Buzz_G. brauchte bloß „Kindlein“ durch „Deutschland“ zu ersetzen. Der restliche Inhalt passe passgenau zur Stimmung im Land.

Brot und Spiele

Zur ungefähr gleichen Zeit produzierte er den Song «Brot und Spiele». Der Ausdruck steht für eine sehr erfolgreiche Technik, das Volk bei Laune zu halten und jeden möglichen Protest im Keim zu ersticken. Ihr sei letztendlich auch Buzz_G. lange Zeit auf den Leim gegangen, wie der Künstler nach den Erfahrungen in der Corona-Zeit nun rückblickend feststellt. In seinem Song formuliert er diese Erkenntnis so: „Ihr gabt mir Brot und Spiele, / Auf das ich auf eurem Feld nicht spiele / Ihr habt mich angepisst, / und das nicht mal mit viel Geschick.“ Hier setzt Buzz_G. in seinem letzten Song «Über dem Kuckucksnest» an, um anschließend das Verhalten der Entscheidungsträger zu beschreiben, das die letzten zwei Jahre geprägt hat: „Nun laben sich die Ratten, / auch an dem Speck / den sie für uns / die Mäuse hatten / Sie greifen nach der Macht, / durch Kontrolle Tag und Nacht, / die vermeintlich über unsere Freiheit wacht.“

Musikalisch garniert werden seine Songs mit dynamischen Gitarren-Riffs sowie kraftvollem Bass und Schlagzeug. Hin und wieder kommt zusätzlich das Keyboard zum Einsatz. Dabei bemüht sich Buzz_G. um einen „trashigen Sound“, wie er sagt. Ihm gefalle es, wenn dieser nicht zu weich klinge. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Alle EP-Stücke versprühen eine widerständige Energie, ohne kitschig zu wirken. Sie verleihen Schwung, regen zum Nachdenken an und zeichnen sich durch Bestimmtheit aus. Das kleine Werk verdient auf jeden Fall mehr Beachtung, als es bislang erfahren hat.

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