«Straight Outta Portugal» – Skogans Debütalbum vermischt Sozialkritik mit positiven Vibes

Während der Corona-Krise haben sehr viele Newcomer die Musikbühne betreten, um das zu leisten, wovor etablierte Künstler bis heute zurückschrecken: Kritik an der Corona-Politik und deren sozialen Folgen. Zu den wortgewaltigsten von ihnen zählt sicherlich der Rapper Skogan. Als er 2021 nach langer Pause wieder zum Mikrophon griff, zeigte er sofort seine Skills. In klassischer Battlerap-Manier prangerte er in «Lobbys» die Machtelite an, kritisierte in «Eure Stars» scharfzüngig Prominente, die einst von Freiheit sangen, oder appellierte in «Bitte» an die Courage aller Bürger. Seine Songs gingen viral und machten ihn einem breiteren Publikum bekannt. Nun hat der 33-jährige Rapper aus Sipplingen am Bodensee sein Debütalbum veröffentlicht.

Wer einen Blick auf die Trackliste wirft, sucht die bisher erschienen Titel vergeblich. «Straight Outta Portugal», so der Name des Albums, enthält ausschließlich neue Songs. Eingeklammert werden sie von einem Intro und einem Outro, in denen der Rapper den Hörern ein paar Hintergrundinformationen verrät. „Ich hab ne Auszeit gebraucht / Raus aus meinem Haus / Schon lang erkannt, dass ich das, was ich kauf, gar nicht brauch“, teilt er im Sprechgesang mit. Skogan bezieht sich auf seinen mehrere Monate dauernden Aufenthalt in Portugal, den er sich gegönnt hat, um sich von dem gesellschaftspolitischen Wahnsinn in Deutschland zu erholen. Er habe jeden Tag an seinen Tracks geschrieben, heißt es weiter im Intro, das die Hörer mit einem knackigen Beat auf eine abwechslungsreiche Sound-Reise vorbereitet.

Perfektes Taktgefühl

Skogans Stärken liegen in einem geschmeidigen wie energischen Flow, der ein gutes Timing erkennen lässt. Seine meist pointierten Punchlines kommen passgenau zum Takt, wirken treibend und animieren zum Kopfnicken. Präsentiert werden die oftmals gesellschaftskritischen Texte zu einem einnehmenden wie außergewöhnlichen Beat. Dass Skogan darauf einen großen Wert legt, beweist sein Debütalbum ein weiteres Mal. In den Klangteppich der jeweiligen Tracks mischen sich Vokals wie Synthesizer, Blasinstrumente oder asiatische Klänge, so wie in dem Song «Unbeugsam», mit dem Skogan seinen Durchhaltewillen demonstriert: „Ich fühl mich wie ein Shaolin / Bin mit dem Geist in Harmonie“, rappt er zum Auftakt. „Doch wird’s zu viel / Schlag ich auf den Ambos, will ich Krieg.“

Rapper Skogan

An dem Song mitgewirkt hat der Rapper Ox, der auch für die Hook verantwortlich ist: „Ich bin zu unbequem für euch“, rappt er spielerisch-gedehnt. „Ein Dorn im Auge der Geschichte“, und betont die letzte Silbe nicht weniger originell. „Bruder, reich mir deine Hand / Ich lass mich nicht brechen / Bin unbeugsam.“ Ox ist nicht der einzige musikalische Gast auf dem Album. Es enthält Features mit dem Rapkollegen Royal33, Chizar, Felix Theis oder mit Mitgliedern des Kollektivs Rapbellions. Besonders häufig tritt Antinorm auf, der nicht nur markante Bars abfeuert, sondern auch gerne mal seine Gesangsstimme leiht – so wie in dem Song «Fliegen Hoch». Der emotionale wie atmosphärisch dichte Track verbreitet ein Gefühl der Freiheit, das die Hörer in die Luft hebt. «Fliegen Hoch» sorgt für gute Laune und positive Stimmung. Thematisch enthält der Track alle Aspekte, die Skogans Musik ebenfalls ausmacht. Der Rapper kritisiert nicht nur die Missstände, sondern hebt auch Werte hervor, motiviert und appelliert daran, dem Herzen zu folgen.

Nostalgischer Blick in die Vergangenheit

Ebenfalls mit Antinorm entstanden ist der Song «Damals», der eine gewisse Nostalgie in sich trägt. In ihren Parts rappen die beiden Sprechgesangkünstler über vergangene Zeiten, über die 80er- und 90er-Jahre, in denen sie aufgewachsen sind. Seitdem hat sich die Welt extrem verändert, was sie dem Track nach beklagen. „Lifestyle war: anrufen, nicht texten / Und wenn du was vergessen hast, dann hast du’s halt vergessen“, rappt Skogan, um wenige Zeilen später zu unterstreichen: „Ich vermiss die Zeit / Wo geht die Reise hin?“ Was früher besser war, beantwortet Antinorm: „Früher gab’s immer Jams / Heut ist alles anders“. Die Zeile referiert auf die Blütephase der Hip-Hop-Kultur, als noch Szenegrößen wie Dr. Dre oder Tupac mit ihrer Musik Massen begeisterten. Derartige Verweise auf Vorbilder finden sich nicht nur in diesem Track, sondern auch im Albumtitel. Er ist angelehnt an die Erstlingsplatte «Straight Outta Compton» der kalifornischen Crew N.W.A., die die Hip-Hop-Generationen danach geprägt hat.

Als eine Hommage an Tupac lässt sich hingegen der Song «Mama Sag Mal» verstehen, an dem Antinorm ebenfalls mitgewirkt hat, aber auch dessen Rapbellions-Kollege Lapaz. Das Stück zählt zu den besten des Albums, nicht zuletzt wegen des einnehmenden Sounds, der gesampelte Vokals enthält und genauso für Gänsehaut sorgt wie der gefühlvolle Refrain. Abgerundet wird das musikalische Kleinod mit einem aussagekräftigen Text: „Hey Mama, sag mal, was ist los mit dieser Welt / alles überall besteuert, geht den Großen nur um Geld / Ich seh die Kids in den Großstädten / Bruder, es ist alles Gift, aber Mama muss um Moos kämpfen / Warum nimmt der Staat so viel, Mann? / Wir sehen, was passiert / Ja, die Menschen sind so kalt, dass der neben ihnen erfriert / Mann, wo bleibt denn heut noch Zeit / Es ist überall nur Stress /Anstatt Liebe rauszutragen, fällst du müde in dein Bett.“

Neben den insgesamt fünfzehn Songs finden sich auf dem Album drei Skits, in denen Skogan seine Sichtweise auf die Welt darlegt. Sein Lösungsansatz sei „back to the roots“, sagt der Rapper in «Odin», zurück zum Naturglauben, zurück zu den alten Naturweisheiten. Der Skit «Straße» weist hingegen auf die Widersprüche hin, die sich dort zeigten, wo Politiker Prioritäten setzen. Während sie bei Corona in Alarmismus verfielen, blieben sie bei der Lösung des weltweiten Hungers untätig. Den Schlusspunkt in dem ohnehin von vielen Botschaften getragenen Album setzt Skogan mit einem schwunghaften Outro, in dem der Rapper mitteilt, was er mit seinem Erstlingswerk bewirken möchte: „Ich will mehr Liebe raustragen / Und euch die Herzen füllen.“ Besser kann man es kaum machen. Ein durch und durch gelungenes Debüt.

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