Doku über Joe Polowsky – einen amerikanischen Träumer und Friedensbotschafter

Moskau und Washington gelten als erbitterte Feinde. Nach dem Kalten Krieg tragen sie ihre Fehde wieder offen aus, obwohl es vordergründig um die Ukraine geht. Es gab jedoch eine Zeit, in der die beiden Mächte so etwas wie einen Moment der Brüderlichkeit teilten. Vor fast 80 Jahren kamen am 25. April 1945 an der Elbe bei Torgau Truppenteile beider Armeen zusammen und feierten das Ende des Zweiten Weltkrieges. Bei diesem spontanen Treffen wurden nicht nur diplomatische Gespräche geführt, sondern auch Souvenirs getaucht. Die Soldaten tranken zusammen Wodka, amüsierten sich und sprachen Toste darauf aus, dass es nie mehr zum Krieg kommen möge.

An diese Begegnung erinnert ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 1986, der heute sehr aktuell wirkt. Das liegt an dem wieder entfachten Konflikt zwischen den beiden Mächten, aber auch an dem Engagement des Protagonisten, der wie kein anderer den heutigen Wunsch nach Frieden verkörpert. Joe Polowsky, den Regisseur Wolfgang Pfeifer im Titel als einen „US-amerikanischen Träumer“ bezeichnet, nahm an jenem Treffen in Torgau teil und war von diesem Ereignis so inspiriert, dass er sich fortan für eine freundschaftliche Verbindung beider Länder einsetzte. Seine Bemühungen mündeten unter anderem in der Forderung, den 25. April zu einem Feiertag zu machen. 1949 versuchte er sogar bei der UNO eine Resolution mit diesem Zweck durchzusetzen.

Treffen an der Elbe bei Torgau / Screenshot

Später gründete Polowsky ein Komitee von Veteranen, um seinem Anliegen eine institutionelle Basis zu geben. Mit einigen von ihnen flog er 1959 nach Moskau, um dort mit seinen pensionierten Kollegen aus der sowjetischen Armee zusammenzukommen. Dieses Treffen dokumentiert der Regisseur in verpixelten, aber sehr originellen Archivaufnahmen, die eine herzliche und von höchstem Respekt getragene Stimmung wiedergeben. Was Pfeiffer für seinen Film an Material beschafft hat, ist geradezu spektakulär. Teilweise befinden sich darunter Bilder von jenem 25. April 1945, auf denen Polowsky noch als junger Mann zu sehen ist. Seine Wegbegleiter beschreiben ihn in der Dokumentation als einen „Krieger des Krieges“ und als einen „des Friedens“. Er habe eine Mission gehabt und verfolgte sie mit einer Standhaftigkeit, die selten anzutreffen sei.

Existenz der Menschheit steht auf dem Spiel

Neben US-amerikanischen Zeitzeugen interviewt Pfeiffer auch Veteranen der sowjetischen Armee, die in Torgau ebenfalls zugegen waren. Einer von ihnen spricht sich gegen einen neuen Krieg zwischen Moskau und Washington aus und klingt dabei, als kommentierte er den gegenwärtigen Konflikt in der Ukraine. Die Verluste wären weitaus größer und dramatischer, sagt er. Es stünde sogar die Existenz der Menschheit auf dem Spiel. Zu Wort kommt auch Polowskys Sohn, der den Charakter seines Vaters genauso beschreibt wie dessen Werdegang nach dem Militärdienst. Als Taxifahrer führte dieser ein bescheidenes Leben, leistete aber unter diesen Umständen Großes.

Polowsky bewies Mut, indem er sich immer wieder mit den großen Fischen ganz oben anlegte und nicht aufhörte, sie mit seinen Forderungen zu konfrontieren. Kurz bevor er an Krebs starb, begab er sich nach Torgau, um an das friedvolle Treffen von damals zu erinnern. Sein Engagement ging so weit, dass er in der deutschen Stadt beigesetzt werden wollte. Diesem Wunsch ist man nachgekommen. Zu Beginn des Films sieht man Veteranen-Kollegen an seinem Grab, wie sie ihm ihre Ehre erweisen. Polowsky war zweifellos ein Friedensbotschafter, ein US-amerikanischer Träumer, dessen Visionen heute viele Menschen aufgreifen. Die Dokumentation über ihn könnte ihnen einen weiteren Auftrieb geben.

Titelbild: Joe Polowsky / Screenshot

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